Flüchtlingspolitik von Spanien: Blockieren und abschieben
Spanien hat in den letzten Jahren erfolgreich den Migrantenstrom aus Westafrika reduziert – und empfiehlt seine Methoden inzwischen auch der EU.
Spanien glaubt, ein erprobtes Mittel gegen den Migrations- und Flüchtlingsstrom Richtung Europa zu haben: Und zwar die Blockade der Fluchtrouten, die schnelle Abschiebung illegaler Einwanderer und Entwicklungshilfe in den Herkunftsländern. Mit diesem Rezept begann Spanien vor zehn Jahren jenen Migrantenstrom erfolgreich zu reduzieren, der damals von Westafrika aus über den Atlantik die Kanaren erreichte und die Urlaubsinseln an den Rand des Kollapses brachte. Im Jahr 2006 kamen nahezu 32 000 afrikanische Flüchtlinge mit Booten auf den Inseln an, 2015 nur noch knapp 900. Auch in der Meerenge von Gibraltar ist die Zahl der Bootsflüchtlinge in den letzten Jahren zurückgegangen und ist, verglichen mit Griechenland und Italien, eher unerheblich. Insgesamt wurden an Spaniens Küsten im Jahr 2015 etwa 4200 Bootsflüchtlinge registriert.
Spanien sei mit seinem Kampf gegen die illegale Einwanderung ein „Beispiel, dem man folgen sollte“, beschwört der spanische Regierungschef Mariano Rajoy seine EU-Kollegen, die nach Lösungen für die Flüchtlingskrise suchen. Rajoy findet mit seinem restriktiven Kurs in Brüssel wie bei der EU-Grenzschutzagentur Frontex in Warschau zunehmend Beifall. Die westafrikanische Route sei von Spanien „wirkungsvoll gesperrt“ worden, lobt Frontex. Das hohe Risiko, auf dem Seeweg zu den Kanaren abgefangen und abgeschoben zu werden, wirke zweifellos auf potenzielle Migranten abschreckend.
Für Spanien ist der Flüchtlingsrückgang positiv
Für Spanien ist der Rückgang eine positive Entwicklung. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit gibt es ohnehin keinen Arbeitskräftemangel, auch nicht in der Landwirtschaft, wo gegebenenfalls Saisonarbeit aus Osteuropa oder Marokko verpflichtet werden. Im Jahr 2006 glichen die Szenen noch jenen, die sich heute an Italiens und Griechenlands Küsten abspielen: Eine Vielzahl von Flüchtlingsbooten landete im Süden Teneriffas, Gran Canarias und Fuerteventuras. Die meisten waren von der Küste Mauretaniens und Senegals losgefahren, vor allem mit Migranten aus der armen westafrikanischen Region. Bilder von erschöpften Geretteten und von im Wasser treibenden Toten wühlten die Öffentlichkeit auf. Tausende Menschen sollen damals ertrunken sein. Schätzungen zufolge sank etwa die Hälfte der hölzernen Fischerkähne mitsamt Insassen während der tagelangen Seefahrt.
Spanien startete damals eine Offensive, um die Migration zusammen mit den Herkunftsländern zu bekämpfen: Der spanische Grenzschutz, unterstützt von Frontex und lokalen Sicherheitskräften, begann vor Westafrika mit Schiffen und Flugzeugen zu patrouillieren. Fluchtboote wurden noch in Küstennähe gestoppt und zurückgeschickt. Nach Fluchtgründen wie etwa politischer Verfolgung wurde dabei nicht gefragt. Die Blockade der „Operation Seepferdchen“ funktionierte: Nach 32 000 Bootsmigranten in 2006 kamen 2007 nur noch 12 000 auf den Kanaren an. Jährlich wurden es weniger. Spaniens Küstenwacht ist bis heute vor Ort.
Die westafrikanischen Regierungen wurden derweil mit millionenschweren Entwicklungsprogrammen, militärischer Hilfe und politischer Anerkennung dazu bewogen, mit Spanien zusammenzuarbeiten. TV-Spots in westafrikanischen Fernsehsendern klärten über die Ungewissheit einer Flucht nach Europa auf. „Tausende sind auf der Reise gestorben. Riskiere nicht Dein Leben für nichts und wieder nichts. Du bist die Zukunft Afrikas“, hieß es zum Beispiel in einem Video, das mit dramatischen Bildern von toten Migranten schockte.
Zugleich handelte Madrid Rückführungsabkommen mit den westafrikanischen Staaten aus, um die Abschiebung von Illegalen in die Heimatländer zu ermöglichen. Die Rückführung war jedoch auch damals nicht einfach, weil die Bootsmigranten dazu übergingen, ihre Papiere über Bord zu werfen – was ihre Abschiebung erschwerte. Trotzdem wurden Tausende zwangsweise zurücktransportiert. Zuweilen unter großer Geheimhaltung, weil die Bilder von gefesselten, weinenden und um ein Bleiberecht flehenden Afrikanern in der Öffentlichkeit für heftige Proteste sorgten.