Katholische Kirche: Bischöfe streiten um Thema Missbrauch
Der Vorschlag, als Reaktion auf die Missbrauchskrise eine Synode abzuhalten, sorgt bei Bischöfen für Streit. Kritik kommt von prominenten Katholiken.
Auf einem internen Treffen von katholischem Bischöfen in Würzburg ist offenbar Streit um die Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal entbrannt. Wie aus der aktuellen Beilage "Christ & Welt" der Wochenzeitung "Die Zeit" hervorgeht, hatte eine Gruppe von Bischöfen eine nationale Synode als Reaktion auf die Missbrauchskrise vorgeschlagen, bei der Laien, externe Experten und Bischöfe unter anderem über die Zukunft des Zölibats und die katholische Sexualmoral diskutieren sollten - was konservative Bischöfe aber offenbar ablehnten.
Der Vorschlag, der "Christ & Welt" vorliegt, wurde vom Mainzer Bischof Peter Kohlgraf, dem Essener Bistumschef Franz-Josef Overbeck, Karl-Heinz Wiesemann aus Speyer und Stefan Oster aus Passau verfasst. Darin heißt es: "Die Kirche befindet sich in einer existenziellen Krise, die vom Missbrauchsskandal nicht ausgelöst ist, hierin wohl aber einen Brennpunkt findet." Und weiter: "Leben und Reden fallen in der Kirche weit auseinander." Wenn die Initiative für eine "synodale Veranstaltung" jetzt von den Bischöfen selbst ausgehe, sei dies sicher "ein breit wahrnehmbares und starkes Signal".
Kritik von Thierse: "Schluss mit Vertuschungen"
Generelle Kritik am Umgang mit dem Missbrauchsskandal übte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). "Wenn ein Fundament Risse bekommt, kann man das Haus nicht mit Reparaturen an der Fassade retten, sondern muss die Grundfesten erneuern", sagt sie in der aktuellen Ausgabe der "Zeit". Zur dringend nötigen Erneuerung gehörten, so Grütters, die Zulassung von Frauen zu Weiheämtern und die Aufhebung des Pflichtzölibats.
Der ehemalige Präsident des Bundestages Wolfgang Thierse (SPD) geht in seiner Kritik an der katholischen Kirche noch weiter. In der "Zeit" schreibt er: "Denn viele deutsche Bischöfe sehen offenbar die Dringlichkeit der Missbrauchsaufklärung und der daraus folgenden notwendigen Kirchenreformen noch immer nicht ein. Beides geht viel zu langsam voran. Leider!" Weiter kritisiert Thierse eine "unaufrichtige und undeutliche Linie der Bischöfe" im Missbrauchsskandal. "Die Deutsche Bischofskonferenz ist beim Thema Missbrauch zerstritten – und weniger mutig, als der Papst es erlaubt." Thierse fordert in der Zeitung: "Schluss mit Vertuschungen, personelle Konsequenzen, Übergabe von Missbrauchsfällen an die staatliche Justiz, echte Gewaltenteilung auch in der Kirche, also unabhängige Gerichtsbarkeit." Und: "Das klerikale Sonderbewusstsein muss weg."
Hintergrund des Vorstoßes der beiden Politiker ist ein offener Brief von prominenten Katholiken an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Ende Februar versammelt der Papst die Bischöfe der Welt zu einem Krisengipfel über Missbrauch. (Tsp)