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"Shutdown" beendet: Arbeiter geben das Martin Luther King Memorial wieder für Besucher frei
© AFP

US-Haushaltsstreit: Bis zum nächsten Gefecht

In den USA kehrt nach dem Ende des „Shutdown“ wieder der Alltag ein - der Staatsbankrott ist abgewendet. Aber im Januar könnte das Ringen zwischen den Parteien unverändert weitergehen.

Für 800.000 amerikanische Beamte klingelte der Wecker am Donnerstagmorgen zur gewohnten Zeit. Nach zwei Wochen ohne Job, ohne Gehalt und ohne die Gewissheit, die nächste Miete zahlen zu können, durften sie wieder in ihre Büros. Der „Government Shutdown“ ist vorbei, die Nationalparks sind geöffnet, die Lebensmittelprüfer sind wieder bei der Arbeit. In Amerika beginnt der Alltag.

In der Nacht zum Donnerstag rang sich der Kongress zu einer Einigung im Haushalts- und Schuldenstreit durch – in letzter Minute. Zumindest bis zum 15. Januar werden die Regierungsgeschäfte wieder finanziert, die Schuldendecke wird bis zum 7. Februar angehoben.

Darauf einigte sich zunächst der Senat, das Repräsentantenhaus stimmte wenig später zu – da waren die Countdown-Uhren bei den Nachrichtensendern bereits in die letzten zwei Stunden gefallen. Amerika war der Zahlungsunfähigkeit erschreckend nahegekommen, das Land stand schon an der Klippe. Entsprechend knapp gab sich Präsident Barack Obama, als er noch in der Nacht ankündigte, den überfälligen Kompromiss umgehend unterschreiben zu wollen. Das Statement des Präsidenten dauerte keine drei Minuten.

Die Einigung kam quasi im letzten Moment und mit einem Geständnis der Republikaner. „Wir haben gekämpft“, bäumte sich Fraktionschef John Boehner noch einmal auf. „Aber wir haben nicht gewonnen.“

Besser gesagt: Die Republikaner haben verloren – einen Kampf, den sie nie hätten beginnen dürfen. Bereits im Sommer hatte der texanische Rechtsaußen Ted Cruz, einer der Köpfe der radikalen Tea Party, angekündigt, einen bevorstehenden Haushaltsstreit an die Abwicklung von Obamas Gesundheitsreform zu knüpfen. Man werde einen Haushalt nur durchwinken, so Cruz, wenn „Obamacare“ abgeschaltet würde – ein Irrsinn, wie moderate Republikaner sofort erkannten: dass Obama den größten politischen Erfolg seiner Amtszeit den rechten Polemikern opfern würde, war nie realistisch. Ex-Präsidentschaftskandidat John McCain warnte vor einer solchen Konfrontation, und auch Obamas letzter Wahlkampfgegner Mitt Romney riet von der erpresserischen Taktik ab.

Die Tea Party empört sich - und gibt klein bei

Und doch: Cruz blieb auf dem Kriegspfad, und Unterstützung bekam der Texaner von bekannten Radikalen wie Sarah Palin und Michele Bachmann. Die bauten sich in den vergangenen zwei Wochen immer wieder pressewirksam vor Kriegsdenkmälern in Washington auf, die im Rahmen des „Shutdown“ geschlossen waren. Vor wütenden Veteranen, die mit Bussen angekarrt wurden, um vor Absperrgittern Einlass in die Denkmäler zu fordern, spielten die Rechtsaktivisten die empörten Vertreter derer, die einst für Amerikas Freiheit kämpften. Doch die Veteranen durchschauten das Spiel der Radikalen. „Eure Partei ist schuld“, bekam Sarah Palin Anfang dieser Woche zu hören.

Seit Donnerstag können die Denkmäler nun wieder besichtigt werden. Auch alle anderen staatlichen Einrichtungen, die tagelang stillgelegt waren, laufen wieder auf vollen Touren. Die Angestellten freuen sich sogar über eine versteckte Gehaltserhöhung. Um nicht noch mehr Volkszorn auf sich zu ziehen, stimmten die Republikaner in der Nacht für einen Passus, der den zeitweise Entlassenen das volle Gehalt sichert – obwohl sie zwei Wochen lang nichts tun mussten. Der Partei tut das weh.

Positiv bleibt für die Republikaner nichts übrig. Das einzige Zugeständnis, das sie den Demokraten in Bezug auf die Gesundheitsreform abringen konnten, ist ein Feigenblatt: Wer staatliche Zuschüsse für die Krankenversicherung beantragt, muss genauere Einkommensnachweise beibringen als bisher festgelegt – das gefällt auch den Demokraten. Einen Systemstillstand war diese kleine Änderung natürlich nicht wert, zumal der „Shutdown“ die USA rund 24 Milliarden Dollar gekostet hat. Im neuen Jahr geht der Kampf von vorne los. Bis dahin hoffen die Amerikaner auf eine Einigung zwischen Republikanern und Demokraten über einige allgemeine Kostensenkungen im Staatshaushalt, die eine erneute Krise von vornherein verhindern könnten.

Doch der Gedanke ist optimistisch. Die beiden Parteien haben höchst unterschiedliche Vorstellungen davon, wo gekürzt werden soll. Eine Einigung wird nicht leicht zu finden sein. „Ich fürchte, im Januar wird der Streit hier mit den gleichen Argumenten weitergehen“, sagte John Chambers von der Ratingagentur Standard & Poor’s im Interview mit dem Sender CNN. „Es scheint, dass diese Methoden ein fester Bestandteil unserer Haushaltspolitik geworden sind.“

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