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Aung San Suu Kyi am Berliner Mauerdenkmal.
© AFP

Aung San Suu Kyi in Berlin: Birmas Oppositionsführerin warnt: „Das geht zu weit"

Die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi findet, dass das Ausland die Öffnung Birmas zu positiv sieht. Der Weg zur Demokratisierung sei noch lang. Gerade würden ihr persönlich wieder Steine in den Weg gelegt. Kritik an ihrer Linie gegenüber den Minderheiten hört sie nicht gern.

Das Ausland sieht nach Ansicht von Birmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi die Öffnung ihres Landes zu positiv. „Das geht zu weit, aber ich bin nicht überrascht“, sagte sie am Samstag in Berlin. „Zu großer Optimismus könnte darüber hinwegtäuschen, dass der Weg zur Demokratisierung noch lang ist.“ Und sie sage ausdrücklich Demokratisierung und nicht Demokratie. Der Weg von der Junta zur Demokratie sei noch nicht unumkehrbar.

Gerade erst habe der Chef der Wahlkommission, der vom Präsidenten eingesetzt wird, eine Entscheidung getroffen, „die klar gegen mich gerichtet ist“. So etwas gebe es in keiner Demokratie Darüber müsse man deutlich reden. Der Entscheidung von Tin Aye zufolge soll jeder Kandidat nur in seinem eigenen Wahlkreis Wahlkampf machen dürfen. Bei den nächsten Wahlen werde es nicht wieder so sein, wie bei den Nachwahlen im Jahr 2012, als die Partei von Aung San Suu Kyi 43 der 45 damals zu vergebenden Mandate holte. Obwohl die Nachwahlen von den USA und der EU gelobt wurden, seien, die Wahlveranstaltungen der NLD eher öffentliche Demonstrationen gewesen, „wie eine Wiederholung des Aufstands von 1988“, als die Pro-Demokratiebewegung sich gegen Diktator Ne Win gewandt hatte.

25 Prozent aller Sitze sind für das Militär reserviert

Offenbar fürchtet die Wahlkommission, die Unterstützung aus der dem Militär nahe stehenden Mehrheitspartei USDP bekam, dass die NLD-Kandidaten durch die Popularität Suu Kyis auch 2015 derart erfolgreich sein könnten, wenn alle freien Sitze gewählt werden. 25 Prozent sind nach der derzeitigen Verfassung ohnehin für die Armee reserviert. Der Chef der Wahlkommission will auch daran offenkundig nichts ändern. Die Präsenz der Armee in der Politik sei nötig, damit es keinen Militärcoup gebe. Das Militär sei nicht wegen der Macht, sondern wegen der Verhandlungen mit einem Viertel der Sitze bedacht. Sie würden nur dann gehen, wenn „die demokratischen Standards im Land hoch“ seien.

Keine Prognosen für eine Verfassungsänderung vor den kommenden Wahlen

Sollte sich seine Definition von den demokratischen Standards mit denen von Aung San Suu Kyi decken, würde dies wenig Hoffnung auf eine Verfassungsänderung noch vor den kommenden Wahlen machen. Su Kyi wollte dazu in Berlin keine Prognose abgeben. Die Verfassung werde geändert werden, weil die Menschen im Land das wollten, betonte sie. Wann das aber sein werde, sei ungewiss. Es gibt ernst zu nehmende Stimmen in Birma, die sagen, dass die Verfassung frühestens zu den Wahlen 2020 wieder geändert werde. Dann könnte Suu Kyi allerdings nächstes Jahr nicht Präsidentin werden, so wie sie es gern möchte, wie sie auch in Berlin noch einmal betonte.

Aung San Suu Kyi verteidigt ihre Linie im Umgang mit Minderheiten

Indigniert reagierte die Lady auf Fragen danach, warum sie zwar immer die notwendige Versöhnung anmahne, die verfolgten Rohingya und den noch immer tobenden Bürgerkrieg gegen die Kachin aber nicht einmal erwähne. Bei der Versöhnung gehe es um das ganze Land, da könne sie nicht einzelne Ethnien herausgreifen, verteidigte Suu Kyi ihre Linie. Es gebe noch viele andere Gruppen. Sie störe, dass sich internationale Aufmerksamkeit so sehr auf diese beiden Gruppen konzentriere, monierte sie und ließ dabei beiseite, dass das auch in Birma oft kritisiert wird. Es mache ihr Sorgen, dass man offenbar eine Verurteilung der einen oder anderen Seite erwarte. Versöhnung gelinge aber nicht über Konfrontation, sondern basiere auf Gemeinsamkeit für alle. Sie werde sich deshalb nicht auf die umstrittensten Punkte stürzen. Es gebe so viel zu tun.

Birmas Oppositionsführerin fühlt sich von Joachim Gauck und Angela Merkel verstanden

Suu Kyi versuchte außerdem dem Eindruck entgegen zu treten, sie sei aus Ärger über frühere deutsche Waffenlieferungen und Kontakte während der Diktatur verschnupft gewesen und deshalb erst jetzt nach Deutschland gekommen. Das habe nur logistische Gründe gehabt, und sie habe nicht viel Zeit für Reisen. Deutschland sei sehr wichtig und beim Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck im Februar habe sie gemerkt, dass er „sehr viel besser als viele andere“ ihre Situation verstehen könne, weil er selbst unter einem autoritären Regime gelebt habe. Das gelte auch für Kanzlerin Angela Merkel.

Anschließend traf sich die Oppositionsführerin mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und besuchte die Gedenkstätte Berliner Mauer. Am Sonntag wird sie sich mit der birmanischen Auslandsgemeinde treffen.

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