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US-Präsident Joe Biden spricht am Jahrestag des 6. Januars im Kapitol.
© Greg Nash/AFP

US-Präsident beeindruckt zum Kapitol-Jahrestag: Bidens Entschlossenheit sollte mit dieser Rede nicht enden

Joe Biden wählt ein Jahr nach dem Kapitol-Sturm deutliche Worte für das, was passiert ist. Die Gefahr aber ist nicht gebannt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Diese Rede trifft ins Schwarze. Auch wenn Joe Biden 16-mal „der frühere Präsident“, den Namen Donald Trump indes kein einziges Mal erwähnt: Als der US-Präsident am Donnerstagmorgen in der Statuary Hall des Kapitols steht, wo vor genau einem Jahr der Mob den friedlichen Machtwechsel verhindern wollte, laviert er nicht, lässt keine Zweifel.

Bidens Worte sind glasklar. Und sie sind explizit gegen seinen Vorgänger gerichtet, der seine Niederlage einfach nicht anerkennen will.

Der Demokratie wurde am 6. Januar 2021 „ein Dolch an die Kehle gesetzt“, sagt Biden, weil der frühere Präsident nicht akzeptieren könne, dass er verloren habe. „Zum ersten Mal in unserer Geschichte hat ein Präsident nicht nur eine Wahl verloren, sondern versucht, die friedliche Machtübergabe zu verhindern.“ Das sei „ein Angriff auf die Seele Amerikas“.

Von der Seele Amerikas, um die es gehe, spricht Biden seit seinem Präsidentschaftswahlkampf. Und dass sich Amerika nicht spalten lassen dürfe. Vor einem Jahr hat sich brutal gezeigt, wie groß genau diese Gefahr ist.

[Mehr zum Thema: Ein Jahr nach dem Kapitol-Sturm - der Putsch-Versuch und die Gefahr für Trumps Ambitionen 2024 (T+)]

Nein, auch diese Rede wird den erschreckend großen Teil der Amerikaner, der an die „Big Lie“ vom Wahlbetrug glaubt, nicht davon überzeugen, dass es bei der Wahl 2020 mit rechten Dingen zugegangen ist. Aber sie kann Joe Biden stärken, an dessen Kraft und Entschlossenheit manche zweifeln. Er habe diesen Kampf nicht gesucht, sagt der Demokrat weiter. „Aber ich werde vor ihm nicht zurückschrecken.“

In dieser Klarheit ist der Präsident seinen Vorgänger, der aus Florida heraus sein Lügennetz spinnt, seit Amtsantritt noch nicht angegangen. Der Jahrestag des 6. Januars war dafür ein guter Zeitpunkt.

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Und er prangert auch die Republikanische Partei, die offenbar nicht länger die Partei von Lincoln, Eisenhower, Reagan und der Bushs sein wolle. Von Republikanern ist an diesem Tag tatsächlich auffällig wenig zu hören. Dabei waren mit dem damaligen Vizepräsident Mike Pence und dem Trump-kritischen Senator Mitt Romney vor einem Jahr auch Republikaner in höchster Gefahr. Nur die Abgeordnete Liz Cheney, in ihrer Fraktion isoliert wegen ihrer Trump-Kritik, nimmt an dem Gedenken teil.

Der Untersuchungsausschuss ist enorm wichtig

„Heilen kann nur, wer das Ausmaß der Wunde zur Kenntnis nimmt“, wird der Präsident nach seiner Rede zu Journalisten sagen. Auch darum kann die Arbeit des Untersuchungsausschusses, der die Hintergründe des Kapitols-Sturms aufklären soll, gar nicht überschätzt werden. Ohne Aufklärung, ohne den glaubwürdigen Versuch, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, lässt sich dieses düstere Kapitel der amerikanischen Geschichte nicht schließen.

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Denn, auch das wird in den Reden an diesem Jahrestag klar: Eine Wiederholung des Putschversuchs mag derzeit keiner ausschließen. Die Gefahr ist alles andere als vorbei.

Vizepräsidentin Kamala Harris spricht in ihrer Rede im Kapitol die Aufgabe an, die vor ihnen liegt: das Wahlrecht so zu schützen, dass Versuche der Republikaner, es auf Ebene der Bundesstaaten einzuschränken, ins Leere laufen.

„Wir können hier nicht an der Seitenlinie sitzen“, sagt sie. Präsident und Vizepräsidentin werden in der kommenden Woche nach Georgia reisen und sich von dort aus zu diesem Thema an das amerikanische Volk zu wenden.

Die Zeit drängt, schon im November könnten die Demokraten ihre Mehrheiten im Kongress verlieren. Bidens Entschlossenheit sollte mit dieser Rede nicht enden.

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