Neue US-Bildungsministerin: Betsy DeVos und die Verachtung der staatlichen Schulen
Betsy DeVos ist knappstmöglich zur neuen US-Bildungsministerin ernannt worden. Die Milliardärin hat nicht einmal alle Republikaner auf ihrer Seite.
Amerikas neue Bildungsministerin hat ein Feindbild: staatliche Schulen. Nun ist der Zustand vieler Schulen in den USA in der Tat beklagenswert. Ihre Qualität hängt von der Finanzkraft der sie ausstattenden Gemeinde und der Eltern ab, die ihre Kinder dorthin schicken. Je nach Einkommen finanzieren sie durch Spenden besondere Musik-, Kunst-, Sport- und Sprachprogramme. Arme Eltern können das nicht leisten.
Das Ziel von Betsy DeVos ist nun aber nicht, staatliche Schulen in armen Gegenden durch mehr öffentliche Mittel zu verbessern. Die 59-Jährige aus Michigan, die selbst Milliardärin ist, möchte Privatschulen fördern und das staatliche Bildungsangebot reduzieren. Sie ist der Überzeugung, der Staat sei Teil des Problems und nicht Teil der Lösung. Was eine Gesellschaft in Privatinitiative organisiere, sei aus Prinzip besser als staatliche Zwangsbeglückung samt Lehrergewerkschaften. Der Staat solle Bildungsgutscheine ausgeben. Das erlaube den Eltern Wahlfreiheit zwischen Staats- und Privatschulen. Diese Haltung ist in den USA verbreitet, gehört zum Kernprogramm der Republikaner und findet im Ansatz auch bei Demokraten offene Ohren.
In der ideologischen Überhöhung, die DeVos vertritt, ist der Anti-Staats-Reflex jedoch nicht Mehrheitsmeinung. Ihre Bestätigung als Bildungsministerin durch den Senat wäre beinahe gescheitert. Sie war schlecht auf die Anhörung vorbereitet. 50 Republikaner stimmten für sie, 48 Demokraten und zwei Republikaner gegen sie. So ergab sich ein Patt. Erstmals in der US-Geschichte gab die Stimme des Vizepräsidenten bei einer Ministerernennung den Ausschlag.
Die Kinder der Oberklasse sind nicht intelligenter als die Kinder aus einfachen Verhältnissen [...]. Es wird sich Mittelmaß breit machen und die USA werden den Anschluss verlieren, mal abgesehen von dem sozialen Sprengstoff, wenn Millionen Bildungsopfer keine auskömmliche Beschäftigung finden.
schreibt NutzerIn Pat7
Die „New York Times“ moniert, DeVos kenne das öffentliche Schulsystem gar nicht. Sie stammt aus einem reichen Elternhaus und ging auf Privatschulen. Dem Vater holländischer Abstammung gehören Firmen der Autozulieferindustrie. Ihr Mann Dick DeVos ist als Erbe eines Firmenimperiums der Kosmetik- und Lebensmittelbranche ebenfalls Milliardär. Ihre Kinder besuchten Privatschulen.
Betsy DeVos sagt, keine Familie habe den Republikanern mehr Geld gespendet als ihre. Das sei auch ein Investment, damit die konservative Philosophie der Begrenzung des Staats verwirklicht werde. 2016 hatte sie sich anfangs noch gegen Donald Trump gestellt und dessen Rivalen in der Partei unterstützt, erst Jeb Bush, dann Carly Fiorina und Marco Rubio. Anti-Staat kann Trump aber auch.