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Alte und Junge – die Würde der einen ist so viel wert wie die der anderen.
© imago images/Panthermedia

Generationenkonflikte um die Rente: Besteuert doch die Krisenprofiteure!

20 Millionen Rentner bekommen mehr Geld – obwohl die Jüngeren auf einem Corona-Schuldenberg sitzen. Es bräuchte einen dritten Weg. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Caroline Fetscher

Am schönsten wäre es, die Regierung ließe Geld drucken. Geld für Jung und Alt, genug Geld für alle. Die Folgekosten von Corona steigen, es klemmt und knirscht an allen Ecken. Freuen aber sollen sich nun die Älteren im Land. Ab 2022 sollen die zwanzig Millionen Rentner über Jahre hinweg mehr erhalten als bisher.

Denn der rentenbremsende „Nachholfaktor“ wurde schon 2018 ausgesetzt. Er ist an sich dafür gedacht, durch die Rentengarantie ausgebliebenen Rentenkürzungen in den Folgejahren nachzuholen. Vier Milliarden Euro mehr soll die veränderte Rentenformel allein 2022 kosten.

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Hm. Ist das fair? Büßen die Jüngeren nicht bereits am meisten ein, die, denen anderthalb Jahre Ausbildung und Einkommen verloren gingen, kostbare Zeit schulischer, beruflicher und seelischer Entwicklung? Schon fordern empörte Stimmen ein Zurück zur alten Rentenformel. Denn für das Mehr müsse die jüngere Generation aufkommen, während die Älteren und Unproduktiven im Vorteil wären, mithin, um ein Wort der Stunde zu zitieren: privilegiert. Hm. Ist das wahr?

Dickes Rentenplus? Haben die Jungen nicht ohnehin schon genug unter der Krise gelitten?

Wahr ist auf alle Fälle, dass sich all die Ausgaben kaum vorstellbar summieren. Auf 1,32 Billionen Euro wird das Gebirge der Corona-Schulden beziffert. Staatliche Gelder gingen an Kliniken, Lufthansa und Bahn, an Gastronomie, Hotellerie, Touristik und Einzelhandel, an Theater, Kinos und Museen. Alles kostet, auch die Impfstoffe, die Impflogistik, die Corona-Forschung, die Zuschüsse für ärmere Pandemieregionen der Erde.

Impfspritzen wie Finanzspritzen sind kein teurer Spaß, sie sind teurer Ernst. Wie wunderbar wäre es da, die Gelddruckmaschinen anzuwerfen, bis die Kasse wieder so voll ist wie Dagobert Ducks Geldspeicher. Doch bekanntlich führt das Gelddrucken in den Orkus der Inflation. Wie die FDP das versprochene Wunder erwirken will, die Defizite ohne Steuererhöhung abzutragen, das steht in den Sternen über dem Schuldengebirge.

FDP gegen SPD: Hier streiten Marco Buschmann von der FDP und Norbert Walter-Borjans von der SPD darüber, wie Deutschland aus den Corona-Schulden kommt

Wer aber eine Generation gegen die andere ausspielen will, der reißt an der sozialen Textur. Die Jüngeren haben jede Hilfe verdient, nicht nur Nachhilfe. Milliarden für die Bildung sind alles andere als ein Geschenk, die Gesellschaft schuldet es den Heranwachsenden, und die brauchen es. Im Klimaprotest haben sie gerufen: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut.“ Während der Pandemie wurden ihnen ganz konkret Stücke ihrer Zukunft beschnitten, was sie jetzt aufholen müssen. Sie sind jetzt dran.

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Doch auch wer siebzig oder achtzig ist, braucht Hoffnung auf Zukunft, wenngleich es sich um eine Zukunft von anderer Dimension handelt. 2019 stellte die Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann eine Anfrage zur Altersarmut. Die Antwort der Bundesregierung hätte ernüchternder kaum sein können.

Mehr als die Hälfte der Renten liegen unter 900 Euro im Monat

Mehr als die Hälfte der Renten liegen unter 900 Euro im Monat, bei fast sechzig Prozent unter tausend Euro. Die älteren Menschen, die beim Bäcker an der Kasse ihr schmales Portemonnaie aufnesteln, haben das beachtliche Vermögen mit erwirtschaftet, das der gesamten Gesellschaft durch die Krise geholfen hat.

Sie sind die Großeltern der Kinder und Jugendlichen, die in der Krise zurückgesteckt haben – beide Gruppen traf sie am härtesten. Und weder die Alten noch die Jungen dürfen zu mikroökonomischen Spielbällen der Makroökonomien werden. Die Würde der einen ist so viel wert wie die der anderen.

Jetzt müssen die Krisenprofiteure besteuert werden

Aufschweißen sollte die Steuerpolitik die Tresore der Krisenprofiteure. Dazu zählen die logistischen und digitalen Großkonzerne, Drogerien, die pharmazeutische und die medizinische Industrie, der Lebensmittelsektor, der Onlinehandel, die Paket- und Lieferdienste und Softwareunternehmen. Von dort müssen die Mehreinnahmen an Steuern fließen, die ohne jeden Zweifel nötig sein werden.

Selbst die Steuerstarre der Liberalen wird sich vermutlich lösen. Angetastet werden sollten dann weder die mageren Sparbücher der Älteren noch die ohnehin zu kargen Bildungsmittel für Jüngere. In einer reichen Demokratie, die solidarisch handeln will, müsste da mehr gehen.

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