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Diplomatie auf dem roten Teppich. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al Sissi reiste extra nach Saudi-Arabien, um die Beziehung zu dem alten Verbündeten zu verbessern.
© AFP

Saudi-Arabien und seine Bündnispolitik im Nahen Osten: Beste Feinde müssen zusammenhalten

Saudi-Arabiens Führung richtet ihre Außenpolitik neu aus Dabei geht sie erstmals auf Distanz zu Ägypten, weil das Land seinen Geldgeber beschimpft und die Muslimbrüder bekämpft. Auch mit anderen Staaten sind Bündnisse schwierig.

Es war eine symbolträchtige Überschneidung, die sich das saudische Protokoll hatte einfallen lassen. Aus Ägypten und auf eigenen Wunsch war Präsident Abdel Fattah al Sissi angereist, der nach seinen abfälligen Bemerkungen über die „Halbstaaten am Golf“ mit ihrem „Geld wie Reis“ beim Hauptsponsor seiner bankrotten Heimat dringend gut Wetter machen musste. Gleichzeitig zu Gast in der saudischen Hauptstadt war auch sein ärgster Widersacher in der Region, der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Zuvor hatte der neue saudische König Salman bereits Emir Tamim bin Hamad al Thani aus Katar demonstrativ zu einem Vier-Augen-Gespräch empfangen, den zweiten arabischen Gegenspieler Ägyptens.

Gut einen Monat nach dem Tod von König Abdullah richtet die neue Führung in Riad ihre Außenpolitik rasch und entschieden neu aus – und geht dabei erstmals auf Distanz zu Ägypten und dessen rabiatem Feldzug gegen die Muslimbruderschaft. Denn für König Salman, Kronprinz Muqrin sowie Vize-Kronprinz und Innenminister Mohammed bin Nayef sind die hegemoniale Bedrohung durch den Iran, der Krieg um Syrien, der Machtzuwachs der arabischen Schiiten sowie der Kampf gegen das „Islamische Kalifat“ die wichtigsten strategischen Herausforderungen. Das Führungstrio rechnet mit einer Atomeinigung zwischen der Islamischen Republik und den USA. Daher steht für sie jetzt wieder ganz oben auf der politischen Prioritätenliste, Baschar al Assad zu stürzen, um den Eckpfeiler iranischen Einflusses in der arabischen Welt zu brechen.

Saudi-Arabien braucht die Assad-Gegner Türkei und Katar

Dazu braucht Saudi-Arabien die eingeschworenen Assad-Gegner Türkei und Katar, aber auch die Kooperation mit den USA bei der Militärausbildung moderater Rebellen-Kontingente. Gleichzeitig haben an der Südgrenze im Jemen die schiitischen Houthi-Rebellen die Macht übernommen. Im Irak regiert eine überwiegend schiitische Führung. Bahrain kommt trotz drastischer Unterdrückung der schiitischen Mehrheit durch das sunnitische Königshaus nicht zur Ruhe. Und im Osten Saudi-Arabiens, wo sämtliche Ölanlagen stehen, gibt es nahezu jede Woche Schießereien zwischen der schiitischen Minderheit und den Sicherheitskräften.

Im Gegenzug wird sich das Verhältnis zu Ägypten spürbar abkühlen, auch wenn Saudi-Arabien, Kuwait und die Emirate das bevölkerungsreichste arabische Land nach wie vor finanziell stützen. Doch die Zeit der Blankoschecks ist vorbei. Die arroganten Tonaufnahmen Sissis und seiner Berater haben in Saudi-Arabien helle Entrüstung ausgelöst. Mit Argwohn betrachtet Riad auch das Liebäugeln Kairos mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, dessen Waffenlieferungen dem Assad-Regime das Überleben sichern. Den von Sissi erhofften Drei-Milliarden-Waffendeal mit Moskau ließen die saudischen Geldgeber im Februar platzen, so dass Putins Besuch am Nil nichts weiter brachte als vage Absichtserklärungen. König Abdullahs Hofchef Khalid Tuwaijri, der die Milliardenhilfen für Sissis Militärjunta organisierte, wurde wenige Stunden nach dem Thronwechsel aus dem Amt gejagt.

Darüber hinaus ist der saudischen Führung nicht verborgen geblieben, dass die ägyptische Generalität offene Sympathien für Assad hegt, weil sie sich wie der Diktator in Damaskus im gleichen apokalyptischen Endkampf gegen den Terror wähnt. Und so betrachtet Riad die hemmungslose Unterdrückung der Muslimbrüder am Nil mit wachsenden Zweifeln. Bei der Beerdigung von Abdullah, auf der Ägyptens Präsident fehlte, empfing König Salman den tunesischen Ennahda-Chef Rached Ghannouchi in einer Privataudienz. Wenig später erklärte der alte und neue saudische Außenminister Saud bin Faisal in einem Fernsehinterview: „Wir haben kein Problem mit der Muslimbruderschaft.“

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