Christian Lindner: Besserverdiener der Partei
FDP-Chef Christian Lindner kommt seit Herbst 2017 mit seinen Rednerauftritten auf mehrere hunderttausend Euro. Eine Parteifirma spielt dabei auch ein Rolle.
Auf der Webseite des Bundestags gibt Christian Lindner „Politikwissenschaftler“ als erlernten Beruf an. Vortragsreisender hätte er ebenfalls wählen können. Denn auch außerhalb des Bundestages tritt der Partei- und Fraktionschef der FDP gern ans Pult. Als bezahlter Redner allerdings. Und Lindner ist nicht ganz billig. Seit er wieder Abgeordneter ist, seit Oktober 2017, im Zeitraum von gut einem Jahr also, hat er gut verdient. Addiert man die entgeltlichen Tätigkeiten, die er dem Bundestag pflichtgemäß gemeldet hat, dann liegen seine Einkünfte als Mietredner mittlerweile bei mindestens 206.500 Euro. Es könnten aber auch 439.000 Euro sein.
Der Bundestag nimmt es nicht so genau bei den Angaben der Nebeneinkünfte seiner Mandatsträger. Sie müssen nur nach Stufen angegeben werden, die jeweils ein breites Spektrum abdecken. Lindner verdient als Redner meist in Stufe 3: Das jeweilige Honorar liegt dann zwischen 7000 und 15.000 Euro. Gelegentlich ist er auch günstiger zu haben: Stufe 2 bedeutet, dass das Honorar zwischen 3500 und 7000 Euro liegt. Darunter hat er keine Einkünfte angegeben.
Die einzelnen Meldungen zeigen, dass der FDP-Chef sich gern bei arrangierten Marketingevents zeigt. „Business Dinner“ sind darunter, Frühstücksgespräche, ein Energie-Dialog, ein Mittelstandsgespräch, ein Mittelstandevent. Gelegentlich nennt sich die Chose auch einfach nur Empfang. Ein „Politischer Ausblick 2018“ war auch darunter. Insgesamt 32 Vorträge hat Lindner bei solchen Anlässen gehalten. Einmal gibt er „Kamingespräch“ als Nebentätigkeit an.
Foren, Dialoge, Empfänge
Bei der Allianz Global Investors AG trat der FDP-Politiker bei einem Expertendialog auf. Die Hünnebeck Deutschland GmbH in Ratingen lud ihn einfach zu einem „Forum“. Bei der Harzer Volksbank in Aschersleben hieß das Format „Atrium-Gespräch“. Für eine Vortragsreihe lud ihn auch das Schweizerische Institut für Auslandsforschung der Universität Zürich ein. Beim Betriebsjubiläum der Grado Fenster und Türen GmbH in Stendal war er auch mit von der Partie. Zu dem Event vermerkt die Webseite des Unternehmens: „Anlässlich unserer Firmenfeier haben wir unsere Gäste gebeten, Abstand von Geschenken zu nehmen und uns zu helfen, unsere diesjährigen sozialen Projekte bzw. Kinder- und Jugendsportvereine zu unterstützen.“ Lindner nahm zwischen 7000 und 15.000 Euro mit. Gern gesehen ist er bei der Kerkhoff Group GmbH in Düsseldorf, einer Consulting-Firma, wo er gleich bei vier Gelegenheiten sprach. Jeweils Stufe 3, also zwischen 7000 und 15.000 Euro. Kerkhoff ist ein bekennender Lindner-Fan und Mitglied im FDP-Wirtschaftsforum, dem parteinahe Unternehmer angehören.
Was macht ProLogo?
Bisweilen werden die Lindner-Auftritte von Redneragenturen vermittelt, dem Karlsruher „London Speaker Bureau“ zum Beispiel oder der „Premium Speakers Deutschland GmbH“. In immerhin 13 Fällen aber lief die Vermittlung über die Berliner ProLogo GmbH. Das ist eine Firma der Partei, oder wie ein Sprecher mitteilte, „ein hundertprozentiges Beteiligungsvermögen der FDP“. Über diese kommerziell agierende Parteifirma werden Veranstaltungen oder Diskussionsforen organisiert – und eben auch Vortragsleistungen angeboten. Laut FDP werden Redeauftritte von Lindner seit Mai 2015 von ProLogo betreut. Die Rednerhonorare, welche Lindner auf der Bundestags-Webseite meldet, fließen nach Auskunft der Partei an ProLogo. Dabei zweigt die Firma einen Teil für „Kosten der Betreuung“ ab. Einbehalten würden „fünf bis fünfzehn Prozent der Honorarsumme“. Die Angaben gegenüber dem Bundestag seien Bruttoangaben. Die Auftraggeber, also die Firmen, bei denen Lindner auftritt, zahlen nichts für die Betreuung durch ProLogo. Nach Lesart der FDP trägt diese der Redner. Will heißen: Es fließt keine getrennt erhobene Vermittlungsgebühr an die FDP-Firma.
Wie geht die FDP mit dem Geld um?
Die nach Abzug der Kosten verbleibenden Gewinne aus der Rednervermittlung würden durch ProLogo versteuert und als "Ergebnis des Geschäftsjahres von Beteiligungsgesellschaften" im Erläuterungsteil des Rechenschaftsberichts der FDP ausgewiesen. „Soweit solche Gewinne auch an den Gesellschafter Partei ausgeschüttet werden, erscheinen sie im Rechenschaftsbericht als Einnahmen aus Unternehmenserträgen und Beteiligungen", teilt die FDP mit. Sie ist die einzige Gesellschafterin. Wird nicht ausgeschüttet, arbeitet ProLogo mit den erwirtschafteten Mitteln im Auftrag der FDP, denn das ist der Geschäftszweck.
Illegal ist das Vorgehen nicht. Parteienrechtler halten es zwar für ungewöhnlich, aber nicht für einen Rechtsverstoß. Und dass das Firmengeflecht der FDP etwas eigenwillig ist, ist nichts Neues. Immerhin haben alle etwas davon. Lindner kann hinzuverdienen. Die FDP bekommt auch ein bisschen etwas ab. Und seine Auftraggeber, bei denen er redet, können das Honorar gegebenenfalls von der Steuer absetzen. Bei Parteispenden kann man das auch, aber das ist bei maximal 6600 Euro pro Jahr gedeckelt.
Lindner hat seiner Partei übrigens unlängst Geld gespendet. Im August überwies er exakt 50.249,17 Euro an die FDP. Ein bisschen mehr also als der Schwellenwert von 50.000 Euro, bei dem die unverzügliche Anzeigepflicht gegenüber dem Bundestag beginnt.