Freital: "Besorgte Bürger" brüllen Asyl-Aktivisten nieder
Die Stimmung im sächsischen Freital bleibt aufgeheizt. Bei einer Bürgerversammlung werden alle ausgebuht und beschimpft, die sich für Flüchtlinge einsetzen.
Flüchtlinge waren nicht im Saal am Montagabend bei der Einwohnerversammlung in Freital. Es wäre gut gewesen, sie anzuhören. Doch für die Asylsuchenden vermutlich auch sehr schwer erträglich gewesen. Denn tumultartige Szenen und heftige Anfeindungen haben das Treffen bestimmt, das im Kulturhaus der Stadt vor den Toren Dresdens stattfand.
Freital hat seit Monaten mit rassistischen Protesten vor einer Flüchtlingsunterkunft Schlagzeilen gemacht. Die Lage eskalierte vor zwei Wochen, als die sächsischen Behörden kurzfristig entschieden, aus dem ehemaligen "Leonardo"-Hotel, das schon Flüchtlingsheim war, eine Erstaufnahmeeinrichtung mit 280 weiteren Plätzen zu machen. An den Demonstrationen gegen das Heim in Freital beteiligte sich mehrfach auch Pegida-Anführer Lutz Bachmann.
Die wenigen Redner, die sich am Montagabend für Flüchtlinge einsetzten, wurden niedergebrüllt. Als eine Frau sagte, "ich schäme mich für Freital", drehte ihr ein Mann das Saalmikrophon ab. Ton- und Filmaufnahmen waren bei der Versammlung nicht zugelassen.
Die Asylbewerber würden den Frieden in dem Wohngebiet stören, erklärten aufgebrachte Bürger. "Die verursachen nur Dreck und Müll und schmeißen alles aus dem Fenster", sagte eine Anwohnerin. Eine andere gab an, wegen des Lärms nachts ohne Schlaftabletten kein Auge mehr zuzumachen. Geld würde "für Asylbewerber verschwendet“ und fehle beim Bau von Kindertagesstätten oder für marode Schulen.
Die Vorsitzenden mehrerer Fraktionen des Stadtrates - von SPD/Grüne über die CDU bis zur AfD - und der künftige Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) forderten in einer Erklärung ein Ende von Fremdenfeindlichkeit und Hass. "Menschenfeindlichkeit hat in Freital keinen Platz - egal ob es sich um Asylbewerber, Anwohner oder Demonstranten handelt", heißt es in der Erklärung. Der im Juni gewählte Rumberg nahm allerdings ebenso wie sein noch amtierender Vorgänger Klaus Mättig (CDU) nicht an der Versammlung teil, anders als etwa Freitaler Stadträte von AfD und NPD.
Sachsens Innenminister Markus Ulbig, der sich den Fragen der Bürger stellte, zeigte sich von den Störern enttäuscht. Mit denen sei ein Gespräch unmöglich. "Erfolg sieht anders aus, aber wichtig war sie, die Veranstaltung." Auch die Redebeiträge Ulbigs wurden mehrfach von Pfiffen und hämischen Buh-Rufen begleitet, obwohl der CDU-Politiker für eine restriktive Asylpolitik steht. In Zwischenrufen wurde Ulbig als "Lügner" beschimpft.
Gleich zu Beginn der Versammlung gab es heftige Proteste, als der Saal wegen Überfüllung geschlossen wurde. Viele Bürger standen noch vor dem Gebäude und verlangten wütend Einlass. Laut Stadtverwaltung waren 380 Versammlungsteilnehmer zugelassen. Erst als noch einige weitere Bürger eingelassen wurden und zugesagt wurde, eine weitere Versammlung abzuhalten, beruhigte sich die Situation leicht. Die Anti-Asyl-Initiative "Nein zum Hotelheim" und Vertreter von Unterstützern der Flüchtlinge hatten sich vergangene Woche bei einem von der Stadt moderierten Gespräch geeinigt, das "Demogeschehen" in Freital vorerst zu minimieren.
Pegida demonstriert in Leipzig
In Leipzig mobilisierte ein gemeinsamer Aufmarsch von Pegida- und Legida-Anhängern am Montagabend nach Polizeiangaben rund 800 Menschen. Ihnen hätten etwa gleich viel Gegendemonstranten gegenübergestanden, die gegen die Islam- und Asylkritiker protestierten. Laut einer Sprecherin des Aktionsnetzwerkes "Leipzig nimmt Platz" versammelten sich indes bis zu 3000 Teilnehmer auf den Gegenkundgebungen.
Wie die Leipziger Polizei am Dienstag mitteilte, verlief der Aufzug in der Messestadt trotz verbaler Attacken auf beiden Seiten weitgehend friedlich. Zu Zwischenfällen kam es nach Angaben eines Polizeisprechers, als linke Demonstranten den Pegida-Zug mit Gemüse bewarfen. Zudem sei Pegida-Chef Lutz Bachmann mit einer roten Flüssigkeit bespritzt und am Auge verletzt worden. In beiden Fällen sei die Polizei eingeschritten, die mit 900 Beamten vor Ort war.
Aus dem Legida-Zug heraus wurde ein Pressevertreter körperlich angegriffen und verletzt. Gegen den 44-jährigen Täter werde wegen Körperverletzung ermittelt, hieß es. Auch ein Mitarbeiter der Versammlungsbehörde sei von Legida-Anhängern verbal bedroht worden. Pegida mit Stammsitz in der sächsischen Landeshauptstadt hatte angekündigt, künftig abwechselnd in Dresden, Leipzig und Chemnitz zu demonstrieren. (mit dpa/epd)