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Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.
© Alexander Zemilanichenko/Reuters

Staatsbesuch des türkischen Präsidenten: Besondere Ehre für Erdogan

Präsident Erdogan ist der erste Gast, der in diesem Jahr zum Staatsbesuch geladen ist. Der Gastgeber hofft auf bessere Beziehungen zur Türkei.

Für den Besuch eines ausländischen Staatschefs kennt die internationale Diplomatie feine Unterschiede: Es gibt den Terminbesuch, den offiziellen Besuch, den Arbeitsbesuch – und schließlich den Staatsbesuch, der dem Gast eine ganz besondere Wertschätzung zeigen soll: vom Empfang mit militärischen Ehren über eine große Eskorte und die Beflaggung der befahrenen Strecken bis hin zum feierlichen Staatsbankett im Schloss Bellevue.

Im vergangenen Jahr gab es in Deutschland nur einen solchen Besuch, der chinesische Staatschef war zu Gast. In diesem Jahr noch keinen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der am Donnerstag auf Einladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Staatsbesuch nach Deutschland kommt, wird also damit auf besondere Weise geehrt.

Erdogan will Neuanfang im Verhältnis zu Deutschland

Erdogan wiederum will auf dieser Reise nicht weniger erreichen als einen Neuanfang in den Beziehungen zu Deutschland: Wichtigstes Ziel seines Besuches sei es, „die Phase der letzten Jahre in unserem Verhältnis komplett hinter uns zu lassen“, kündigte er an. Warum gerade jetzt diese neuen Töne? Das Verhältnis zwischen der Türkei und den USA hat sich massiv verschlechtert, so dass Erdogan eine Annäherung an Europa sucht. Auch die extrem schwierige wirtschaftliche Lage des Landes lässt Erdogan offenbar verstärkt auf Deutschland setzen.

Die Gelegenheit schien aus deutscher Sicht daher günstig für eine Einladung an Erdogan. Steinmeier hoffe, dass der Besuch „einen Beitrag leistet zum Abbau der Polarisierungen“ im Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland, heißt es im Bundespräsidialamt. Aber warum gleich ein Staatsbesuch und nicht ein Treffen in kleinerem Rahmen? Mit der Einladung wolle der Bundespräsident „für die vielen türkeistämmigen Bürger zum Ausdruck bringen, dass er ihrem Herkunftsland mit Respekt begegnet“.

Der besondere Empfang für Erdogan ist allerdings in Berlin umstritten: Mehrere Oppositionspolitiker sagten in den vergangenen Tagen ihre Teilnahme am Staatsbankett ab.

Noch fünf Deutsche in der Türkei in Haft

Das Verhältnis zwischen beiden Ländern ist seit der Festnahme von insgesamt 35 deutschen Staatsbürgern nach dem Putschversuch in der Türkei 2016 schwer belastet. Der bekannteste Häftling war der Korrespondent der „Welt“, Deniz Yücel, der mittlerweile wieder frei ist. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes sind noch fünf Deutsche im Zusammenhang mit politischen Vorwürfen in türkischer Haft. Am vergangenen Donnerstag kam ein weiterer Deutscher in der Türkei nach einem Gerichtsurteil frei. Der Mann, der beide Staatsangehörigkeiten hat, darf allerdings das Land nicht verlassen, weil noch ein Berufungsverfahren gegen ihn läuft.

Steinmeier will im Gespräch mit Erdogan auch „Einzelfälle“ zur Sprache bringen, die einer Normalisierung der Beziehungen im Wege stünden, heißt es im Präsidialamt. Aber auch Fragen der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei sollen bei dem Treffen am Freitag angesprochen werden. In Deutschland wurde mit Sorge gesehen, wie die Regierung in Ankara gegen diejenigen vorging, die sie mit dem Putschversuch in Verbindung brachte.

Frei von strittigen Themen ist der Besuch des türkischen Staatschefs keineswegs. So eröffnet Erdogan in Köln eine Moschee des Verbands Ditib, der von einer türkischen Behörde kontrolliert wird. Kurz vor dem Besuch Erdogans war bekannt geworden, dass der Verfassungsschutz prüft, ob der Moscheeverband beobachtet werden sollte. Das Bundesamt für Verfassungsschutz erklärte dazu nur, es habe „festgestellt, dass einzelne Ditib-Moscheegemeinden verfassungsfeindliche nationalistisch-religiöse Aktivitäten entwickelten und entsprechende Äußerungen tätigten“.

Claudia von Salzen

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