Alternative für Deutschland: Bernd Lucke lässt seine Zukunft bei der AfD offen
Die AfD gibt sich nach der Bundestagswahl selbstbewusst und fasst nun die Europa- und Landtagswahlen im nächsten Jahr ins Auge. Unklar ist aber, ob Parteichef Bernd Lucke antreten wird.
Am Ende war Bernd Lucke die Erschöpfung doch anzumerken. Wochenlang war der Chef der „Alternative für Deutschland“ im Wahlkampf von einer Veranstaltung zur anderen gezogen – und hatte dabei unermüdlich gewirkt. Am Montag nun saß er vor der Berliner Presse, flankiert von seinen Sprecherkollegen, um Bilanz zu ziehen. Geschlafen hatte er wohl nur kurz, denn bis in die Nacht hinein hatte man in der eurokritischen Partei noch gehofft, aus dem Stand heraus in den Bundestag zu kommen.
Die AfD schrammt nur knapp am Einzug in den Bundestag vorbei
Mit 4,7 Prozent ist daraus nun nichts geworden. Doch von großer Enttäuschung mochte Lucke nicht sprechen und auch aus den Landesverbänden heißt es, dass die Stimmung an der Basis trotz des knappen Scheiterns recht gut sei. „Es ist nur so, als ob einem auf den letzten Metern der Sprit ausgegangen ist“, fasst es ein Mitglied der Parteiführung zusammen.
Schon in den vergangenen Tagen hatte sich abgezeichnet, dass die AfD bei der Europawahl im kommenden Mai einen neuen Anlauf versuchen würde. Nun verwies Lucke auch auf Landtagswahlen, die 2014 in Sachsen, Thüringen und Brandenburg anstehen. „Wir werden uns so aufstellen, dass wir dort klar über der Fünfprozenthürde liegen.“ Vor allem das sächsische Ergebnis von 6,8 Prozent wird in der AfD als Ermutigung aufgefasst. Mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt lag die Partei überall in Ostdeutschland bei mehr als fünf Prozent – was ihr sonst nur noch in Baden-Württemberg, Hessen und im Saarland gelang. Umgekehrt stellte sich heraus, dass der Einzug in den Bundestag an schwachen Ergebnissen in Nordrhein- Westfalen und in Luckes Heimatverband Niedersachsen gescheitert ist.
Neben der Euro-Kritik sollen jetzt auch andere Themen von der AfD aufgegriffen werden
Die AfD werde sich inhaltlich breiter aufstellen und neben dem Euro-Thema auch landespolitische Probleme aufgreifen, kündigte der Parteichef an. Recht offen aber gab er auch zu, dass er die anstehenden Urnengänge als Möglichkeit betrachtet, „bei denen sich die Wähler ein Ventil suchen können“. Denn die Probleme der Euro-Zone seien mit der Bundestagswahl nicht verschwunden. Im Gegenteil: Es sei mit weiteren Rettungspaketen oder auch Schuldenschnitten zu rechnen, prognostizierte Lucke.
Eine eindeutige Erklärung, warum die Partei in Ostdeutschland so viel besser abgeschnitten hat, konnte auch der AfD- Chef nicht liefern. Zumindest auf Kosten der NPD sind die Gewinne der AfD in Ostdeutschland jedenfalls nicht gegangen – was die im Wahlkampf geäußerte Kritik entkräften dürfte, dass die neue Partei vor allem im Milieu von Rechtspopulisten fischt. Nach Analysen von Demoskopen hat die AfD vor allem von Ex-Wählern der FDP und der Linkspartei größeren Zuspruch erhalten.
Überhaupt wollte sich Lucke am Montag nicht auf Begriffe wie „links“ oder „rechts“ festlegen lassen: „Wir sind eine Partei des gesunden Menschenverstands.“ Es sei zum Beispiel völlig falsch, wenn man das Eintreten der AfD für den „Wert von Ehe und Familie“ als „rechtskonservativ“ deklariere.
Ob Bernd Lucke bei der Europawahl antritt ist noch offen
Welches Verhältnis die AfD zur künftig ebenfalls außerparlamentarisch wirkenden FDP einnehmen wird, ließ Lucke am Montag noch offen. Von Überläufern jedenfalls habe er bisher nichts gehört: „Es ist ja auch nicht so, dass wir uns deutlich besser geschlagen hätten als die FDP.“ Erwartet wird in der AfD allerdings, dass die FDP ihre Haltung zur Euro-Rettungspolitik überdenkt – denn das liberale Debakel hänge auch mit einer „permissiven Haltung in der Europapolitik“ zusammen, wie Lucke herausstrich.
Offen ließ der Parteichef auch, ob er selbst bei der Europawahl antreten wird. Die Liste der AfD soll auf einem Parteitag im Dezember oder Januar aufgestellt werden: „Ich kann mir vieles vorstellen, aber eine Entscheidung in dieser Frage habe ich noch nicht getroffen.“ Lucke ist Professor an der Universität Hamburg und hatte sich für den Wahlkampf beurlauben lassen. Unabhängig von Luckes Entscheidung könnte damit der Fall eintreten, dass eine Gruppe von künftigen AfD-Europaabgeordneten das neue Machtzentrum der Partei wird, die bisher keine hauptamtlichen Mitarbeiter hat. Dass die AfD indirekt Teil des von ihr kritisierten EU-Apparats würde, sieht Lucke nicht als Problem. „Auf mich wirkt das Europaparlament bisher zu unscheinbar“, sagte er auf die Frage, ob das EU-Parlament für die AfD der richtige Ort sei, um ihre Ziele durchzusetzen.