Italien: Berlusconis Sexprozess nach fünf Minuten vertagt
Der "Prozess des Jahres" gegen Silvio Berlusconi hat als fünfminütige Mini-Sitzung begonnen. Das spektakuläre Verfahren um Sex und Amtsmissbrauch wurde vertagt. Nächste Sitzung ist Ende Mai.
Der mit Spannung erwartete Sexprozess gegen den italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi ist zum Auftakt nach nur fünf Minuten vertagt worden. Hunderte von Medienvertretern aus aller Welt hatten sich vor und im Mailänder Justizpalast versammelt, obwohl bei diesem ersten Gerichtstermin nur Formalien erörtert wurden und es nichts zu filmen gab. Und doch gab es eine Neuigkeit: Das marokkanische Escortgirl "Ruby" tritt nicht als Nebenklägerin gegen den Medienzar und Milliardär auf. Mit der damals 17-Jährigen soll Berlusconi bei wilden "Bunga-Bunga"-Festen in seiner Villa bei Mailand dutzendfach Sex gehabt haben.
Weder Berlusconi noch "Ruby" alias Karima El-Mahroug waren zum Prozessauftakt anwesend. Der von den drei Richterinnen Giulia Turri, Orsola De Cristoforo und Carmen D'Elia geleitete Prozess geht am 31. Mai weiter. Die Anklage gegen Berlusconi lautet auf Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch. Bei einer Verurteilung in beiden Punkten drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft.
Die heute 18-jährige "Ruby" werde nicht als Zivilklägerin gegen Berlusconi auftreten, gab ihr Anwalt Paolo Boccardi überraschend zu Protokoll. Denn "Schaden" sei ihr nicht durch den Regierungschef entstanden, mit dem sie keinen Sex gehabt habe, sondern durch die Medien. Diese hätten sie der Welt als eine Prostituierte dargestellt.
Berlusconis Verteidiger Giorgio Perroni begrüßte diese erste Wende in dem Verfahren ausdrücklich. Die Anwälte des Ministerpräsidenten seien davon überzeugt, dass das Verfahren die Unschuld Berlusconis in beiden Anklagepunkten beweisen werde. 78 teils prominente Zeugen - von Filmstar George Clooney bis zum Weltfußballer Cristiano Ronaldo - sollen zur Verteidigung Berlusconis in den Zeugenstand gerufen werden. Das Verfahren gilt in Italien als der "Prozess des Jahres".
Die als äußerst geschickt bekannten Anwälte Berlusconis erwägen auch, eine Unterbrechung des Prozesses zu beantragen. Dabei geht es um die Frage, ob die Mailänder Justiz überhaupt dafür zuständig ist, über den Regierungschef wegen Amtsmissbrauchs zu richten. Berlusconis knappe Mehrheit in der Abgeordnetenkammer hatte dies in einem Votum am Dienstag verneint. Ihrer Meinung nach müsste sich ein spezielles Minister-Gericht mit den Vorwürfen befassen. Das Verfassungsgericht könnte in der Streitfrage in einigen Monaten das letzte Wort haben.
In dem im Schnellverfahren vorbereiteten Strafprozess muss sich Berlusconi wegen Amtsmissbrauchs verantworten, weil er das Mädchen auch persönlich per Telefon vor dem Gefängnis bewahrt haben soll. (dpa)