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Die US-Drohne des Typs "Predator".
© dpa

US-Drohnenkrieg: Berlin weiß nichts von Angriffen aus Deutschland

US-Streitkräfte sollen von deutschem Boden aus Drohnen-Angriffe gesteuert haben. Die sind hoch umstritten und möglicherweise völkerrechtswidrig. Die Bundesregierung sagt, sie hat darüber keine Informationen.

Die Bundesregierung weiß nach eigenen Angaben nichts über völkerrechtswidrige US-Drohnen-Angriffe, die von Deutschland aus gesteuert werden. Es lägen keine Erkenntnisse zu solchen von den US-Streitkräften geplanten oder durchgeführten Einsätzen vor, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag. Man sei mit dem Partner USA im ständigen Dialog. „Im Ergebnis gilt, dass wir keine Anhaltspunkte für ein völkerrechtswidriges Verhalten haben“, sagte Seibert. Die SPD forderte rasche Aufklärung über Berichte, nach denen das US-Programm zu gezielten Tötungen mit Drohnen auch von Deutschland aus gesteuert wird. Die Linkspartei forderte eine Schließung der deutschen US-Stützpunkte.

Der Drohnenkrieg der USA ist unter Völkerrechtlern umstritten. Die Amerikaner pochen auf ihr Selbstverteidigungsrecht. Das ist ein Argument, solange der Einsatz auf kriegerische Konflikte beschränkt bleibt und sich gegen Soldaten richtet. In internationalen bewaffneten Konflikten sind Drohnen eine Waffe wie andere auch. Schwieriger wird es in nichtinternationalen Konflikten und außerhalb von Konfliktregionen. Zivile Personen und Ziele müssen verschont werden. Der Drohneneinsatz in Pakistan oder im Jemen wirft grundsätzliche Probleme auf. Den USA wird vorgeworfen, Konflikte zu entgrenzen und jeden Einsatz gegen Verdächtige weltweit zu legitimieren. Auch das Berufen auf Selbstverteidigungsrechte gehe zu weit, sagen Kritiker, da nicht permanent Angriffe drohten. Die Amerikaner sahen und sehen ihre Einsätze dagegen als Antwort auf ein weltweit agierendes Terrornetzwerk – trotz des Bekenntnisses, den Drohnenkrieg künftig einzuschränken.

Das deutsche Grundgesetz bekennt sich zum Völkerrecht: „Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.“ Gebunden werden damit auch die deutschen Behörden. An klar erwiesenen Völkerrechtsverstößen dürfen sie sich nicht beteiligen – und sie dürften es prinzipiell auch nicht dulden, wenn sich auf deutschem Boden andere unmittelbar daran beteiligen. Ein deutscher Beamter oder Militärangehöriger, der sich unmittelbar an einer völkerrechtswidrigen Tötung beteiligt, könnte wegen Mordes oder Totschlags verfolgt werden.

Stehen Kriegsverbrechen im Raum, kann sich der Generalbundesanwalt einschalten. So laufen derzeit zwei Ermittlungsverfahren, nachdem deutsche Staatsangehörige bei Drohneneinsätzen 2010 und 2012 ums Leben gekommen waren. Nach aktuellen Angaben der Bundesregierung gibt es dazu keine neuen Erkenntnisse, der Generalbundesanwalt habe Gutachten angefordert, ob es sich bei den betroffenen Regionen um Kriegsgebiet handele. Grundsätzlich sei die Bundesrepublik an diesen Einsätzen nicht beteiligt und helfe auch nicht, Verdächtige aufzuspüren. „Die Sicherheitsbehörden des Bundes geben grundsätzlich keine Informationen weiter, die unmittelbar für eine zielgenaue Lokalisierung benutzt werden können“, heißt es in einer parlamentarischen Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion.

Jost Müller-Neuhof

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