Gauck und Klarsfeld: Bekommt die Nazi-Jägerin doch noch das Bundesverdienstkreuz?
Es gab mehrere Anläufe, Beate Klarsfeld mit dem Bundesverdienstkreuz auszuzeichnen. Wird Joachim Gauck als nächster Bundespräsident ihr den Orden überreichen?
Joachim Gauck wird der Frage nicht mehr lange ausweichen können. Verleiht er der 73-jährigen Nazi-Jägerin Beate Klarsfeld, seiner von der Linkspartei nominierten Mitbewerberin um das Bundespräsidentenamt, das Bundesverdienstkreuz? Mithin die Auszeichnung, die ihr in Deutschland bisher versagt worden ist, während sie etwa in Frankreich oder Israel hoch geehrt wurde. Noch macht sich das designierte Staatsoberhaupt die Sache einfach. „Herr Gauck erörtert Fragen, die das künftige Amt betreffen, dann, wenn er in das Amt gewählt worden ist“, lässt sein Sprecher Andreas Schulze mit der „Bitte um Verständnis“ wissen.
Es gab mehrere Anläufe, Klarsfeld mit dem Orden auszuzeichnen, den letzten Antrag stellte 2009 die Linksfraktion im Bundestag. „Ohne ihr Leben sähe die Bundesrepublik Deutschland in jeder Hinsicht schändlicher und letztlich ärmer aus“, sagte ihr Chef Gregor Gysi. Doch das Präsidialamt lehnte wieder ab – nach einem Einspruch von Guido Westerwelles Außenamt, das mitreden durfte, weil Klarsfeld in Paris lebt. Dabei hatte sich unter anderem der SPD-geführte Berliner Senat für den Klarsfeld-Orden eingesetzt, gerade wegen ihrer „außergewöhnlichen Aktionen“ – eine Anspielung auf das Ohrfeigen des CDU-Bundeskanzlers Kurt Georg Kiesinger 1968.
Gauck ist mit der Geschichte von Klarsfeld im Januar 2010 konfrontiert worden. In der SPD-Zentrale zeigte der Freundeskreis des Willy-Brandt-Hauses den Film „Die Hetzjagd“, eine Dokumentation über den Kampf von Serge und Beate Klarsfeld gegen den Gestapo-Chef Klaus Barbie, den „Schlächter von Lyon“. Gauck hielt das Grußwort. Hans Wettig vom Freundeskreis erinnert sich: Der frühere DDR-Bürger Gauck habe zuvor mit dem Namen Klarsfeld gar nichts verbunden. Das Bundesverdienstkreuz für Klarsfeld wurde auch an diesem Abend gefordert, „überfällig“ sei es, meinte Wettig. Gauck wich, wie Teilnehmer berichten, diplomatisch aus und hielt nur eine „sehr allgemeine Rede“. Doch sensibilisiert war er fortan wohl.
Im ARD-Fernsehen lobte Gauck, 72, nun Klarsfeld für ihr „Lebensthema“, die Aufarbeitung einer „dunklen und finsteren“ Zeit. Dort sagte der Kandidat: „Ich bin dankbar, dass es Menschen gibt, die uns Deutschen zeigen: Ich will nie vergessen.“ Klarsfeld betont, Gauck und sie verbinde gegenseitiger Respekt. Sie habe im Westen gekämpft, er habe sich für die Bürgerrechte in der DDR eingesetzt. Zwei Seiten einer Medaille also? Das wäre nur so, wenn Klarsfeld ihm nicht vorhalten würde, er habe für sein Tun anders als sie nie im Gefängnis gesessen.
Matthias Meisner