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Das Pflegepersonal soll besser bezahlt werden.
© Imago Images/Photothek/Ute Grabowsky
Update

Einigung auf Grundzüge einer Pflegereform: Beitragssatz für Kinderlose zur Pflegeversicherung soll steigen

Union und SPD sind im Grundsatz einig: Heime und und Pflegedienste sollen nur noch eine Zulassung bekommen, wenn sie Tariflöhne zahlen.

In der Bundesregierung zeichnet sich eine Verständigung über eine Pflegereform ab, die zu einer besseren Bezahlung von Pflegekräften beitragen soll. Ab September 2022 sollen Altenheime und Pflegedienste nur noch dann zugelassen werden, wenn sie nach Tarif entlohnen. Das geht aus einer Formulierungshilfe des Gesundheitsministeriums für die Koalitionsfraktionen hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Das federführende Gesundheitsministerium erklärte am Sonntag, der Entwurf sei noch Gegenstand regierungsinterner Beratungen. Auch im Arbeitsministerium hieß es, die Gespräche dauerten noch an. Ob das Kabinett die Pläne schon an diesem Mittwoch billigen wird, war noch unklar.

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Doch im Grundsatz sind Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sich einig, dass Pflegekräfte besser bezahlt werden sollen. In der Altenpflege mit rund 1,2 Millionen Beschäftigten bekommt laut Arbeitsministerium nur knapp die Hälfte Tariflohn. Die nun vorgelegte Regelung soll Ende 2025 auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.

Im März war der Versuch, einen branchenweit gültigen Tarifvertrag abzuschließen, am Widerstand der Caritas gescheitert. Hätte es diesen gegeben, hätte Arbeitsminister Heil die Löhne und Arbeitsbedingungen für allgemeinverbindlich erklären können.

Die Pläne des Gesundheitsministeriums sehen außerdem vor, dass Heimbewohner ab Januar 2022 einen Zuschuss zum Eigenanteil für die Pflege bekommen sollen. Nach zwölf Monaten soll dieser bei 25 Prozent liegen, nach 24 Monaten bei 50 Prozent, nach 36 Monaten bei 75 Prozent. In den letzten Jahren sind die Kosten für die stationäre Pflege spürbar gestiegen.

Aktuell liegt der durchschnittliche monatliche Eigenanteil laut Gesundheitsministerium bei 786 Euro, allein in dieser Wahlperiode stieg der Betrag um 238 Euro. Die tatsächlichen Kosten für einen Heimplatz sind allerdings höher, weil noch Investitionskosten und Verpflegung hinzukommen.

Um die Pflegereform zu finanzieren, ist ab 2022 ein Steuerzuschuss zur Pflegeversicherung in Höhe von einer Milliarde Euro vorgesehen. Außerdem soll der Zuschlag für Kinderlose beim Pflegebeitrag um 0,1 Punkte angehoben werden, er liegt bisher bei 0,25 Prozentpunkten.

Parlament könnte Reform der vor der Sommerpause beschließen

Oppositionspolitikerinnen kritisierten gegenüber der AFP die Pläne als unzureichend. „Wer höhere Pflegelöhne verspricht, muss für eine solide Refinanzierung sorgen“, sagte die FDP-Pflegeexpertin Nicole Westig. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche kritisierte, der Steuerzuschuss werde „nicht reichen, um die Herausforderungen des demografischen Wandels zu bewältigen“.

Ursprünglich hatte Gesundheitsminister Spahn eine große Pflegereform geplant, für die er einen Steuerzuschuss von 2,6 Milliarden Euro vorgesehen hatte. Doch für die wird es vor der Bundestagswahl zu knapp. Die nun vorgesehenen Änderungen sollen von den Koalitionsfraktionen als Änderungsantrag zu einem bereits im Bundestag vorliegenden Gesetz eingebracht werden. So könnte das Parlament síe noch vor der Sommerpause beschließen.

Die Gewerkschaft Verdi sprach von einem Kompromiss mit vielen offenen Fragen. "Das ist allenfalls die zweitbeste Lösung", sagte Verdi-Chef Frank Werneke. Ob und wie die geplanten Regelungen greifen, könne niemand genau sagen. "Der vorgelegte Gesetzentwurf ist kein adäquater Ersatz für einen Tarifvertrag, dessen Erstreckung auf die gesamte Pflegebranche für Hunderttausende Beschäftigte in der stationären und ambulanten Pflege bereits ab August dieses Jahres verlässlich deutlich höhere Löhne gebracht hätte", ergänzte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler.

Der Kompromiss sei zwar besser, als weiter nur auf Pflegemindestlöhne zu setzen. Allerdings sei völlig offen, ob die komplexen Reglungen überhaupt auf breiter Front zu einem überfälligen Lohnanstieg führten. Erst bis Ende 2025 zu prüfen, ob die erwünschte Wirkung erzielt werde, sei "irrwitzig."

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