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Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne)
© dpa

Streit über sichere Herkunftsländer: Bei den Grünen regt sich Protest gegen Kretschmanns Verhandlungsbereitschaft

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist bereit, mit der Bundesregierung über eine weitere Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten zu verhandeln. In der Bundespartei gibt es Widerstand.

Bei den Grünen gibt es flügelübergreifend Kritik an der Bereitschaft von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, im Bundesrat einer Ausweitung der sicheren Herkunftsländer auf die nordafrikanischen Staaten Marokko, Algerien und Tunesien zuzustimmen. Nicht nur Vertreter des linken Flügels wie Parteichefin Simone Peter und Ex-Fraktionschef Jürgen Trittin lehnen das Vorhaben der Bundesregierung klar ab. Widerspruch gibt es auch vom Realo-Flügel.

Um die Liste der sicheren Herkunftsländer erweitern zu können, benötigt die Bundesregierung die Zustimmung von mindestens zwei Ländern mit grüner Regierungsbeteiligung, neben Baden-Württemberg könnte das Hessen sein. Kretschmann verlangt für ein Ja im Bundesrat ein Entgegenkommen der großen Koalition an anderer Stelle. So fordert er ein Bleiberecht für bis zu 20 000 Asylbewerber, die seit langem in Deutschland geduldet werden. Außerdem bringt er die Einrichtung einer Beschwerdestelle für abgelehnte Asylanträge ins Gespräch. Die CSU lehnt solche Deals bislang allerdings ab.

Parteichefin Simone Peter lehnt es ab, die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären

Doch auch bei den Grünen regt sich Widerstand. Parteichefin Peter lehnt die geplante Ausweitung der sicheren Herkunftsländer auf die Maghreb- Staaten ab. „Damit betreibt die große Koalition Schaufensterpolitik auf dem Rücken von Zuwanderern, deren Heimat aufgrund von Menschenrechtsverstößen alles andere als sicher sind“, sagte sie dem Tagesspiegel. Solange diese Länder ihre eigenen Staatsbürger nicht zurücknähmen, bleibe das Instrument zudem wirkungslos. „Außerdem stapeln sich weiterhin hunderttausende Asylanträge auf den Schreibtischen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, weil die Bearbeitungsdauer der Asylverfahren immer noch viel zu lange dauert.“

Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin verwies darauf, dass nach Berichten von Amnesty International Frauen in keinem Maghreb-Staat ausreichend vor sexueller Gewalt geschützt würden. In Algerien gebe es Zehntausende von Verschwundenen, Folter sei immer noch Alltag. „Das ist die bittere Realität. Menschenrechte kann man nicht gegen – zudem kleinteiligste – bürokratische Erleichterungen verdealen“, sagte Trittin dem Tagesspiegel. Ausnahmsweise habe die CSU recht: „Die beiden Dingen haben nichts miteinander zu tun.“ Auch der Koordinator des Realos-Flügels, Dieter Janecek, bezeichnete es als den „falschen Weg“, Länder als sicher zu erklären, die es nicht seien. „Ich habe Bauchschmerzen dabei, wenn einige Grüne nun darüber nachdenken, dieses Vorhaben mitzutragen“, sagt er dem Tagesspiegel. Die Bundestagsabgeordneten wollen nach Angaben von Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt im Bundestag mit Nein stimmen.

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