Syrienkrieg: Begrenzte Reaktionen aus Russland
Moskau verkneift sich eine zu barsche Antwort auf den Militärschlag von USA, Frankreich und Großbritannien gegen Syrien.
Nach den Raketenangriffen musste der Kreml ein Kunststück an politischer Kommunikation vollbringen: Einerseits glaubwürdig und für alle Welt hörbar seine Entrüstung über die „amerikanische Aggression“ ausdrücken, ohne es mit den Drohgebärden über den äußerst begrenzten Schlag zu übertreiben. So flimmerten in Dauerschleife Bilder von den Orten des Geschehens in Syrien über die russischen Fernsehschirme – allein, besonders dramatisch waren sie nicht: ein paar Bombentrichter und verbranntes Material.
Der Kreml verlangte eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates und geißelte den Angriff auf einen souveränen Staat – scheiterte dort aber erwartungsgemäß mit dem Versuch einer Verurteilung der westlichen Raketenangriffe durch eine Resolution. Das russische Verteidigungsministerium deutete den Raketenangriff als Versuch, den Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu stören. „Die USA ziehen die Welt in den Krieg, man muss sie stoppen“, sagte Parlamentssprecher Wjatscheslaw Wolodin. Das alles sind Signale an das heimische Publikum, dem man seit Langem die Intervention Moskaus in Syrien als Einsatz für den Weltfrieden verkauft.
Russland war offenbar informiert und wurde nicht getroffen
Doch abseits der Medienbühne herrschte Zurückhaltung. Es ist davon auszugehen, dass es Absprachen zwischen Washington und Moskau gab. Darauf deutete etwa eine Video-Erklärung des amerikanischen Botschafters in Russland, John Huntsman, hin. Die USA hätten vor den nächtlichen Angriffen die Russische Föderation informiert, um „jegliche russischen oder zivilen Opfer“ zu vermeiden, sagte der Diplomat. Außerdem: „Alle Ziele waren mit dem illegalen Chemiewaffenprogramm Assads verbunden.“ Die Aktion in Syrien sei „kein Konflikt der Supermächte“, sondern eine Reaktion auf den inakzeptablen Einsatz chemischer Waffen.
Tatsächlich sind laut russischen Militärangaben keine Todesopfer zu beklagen. Das Militär präsentierte bei einem Briefing leidenschaftslos die Resultate. Glaubt man den russischen Angaben, dann wurden von 103 abgefeuerten Raketen 71 abgefangen – vom syrischen Luftüberwachungssystem, das noch aus Sowjetzeiten stammt.
Gestritten wird über politische Symbole
Auch in Syrien schien der Alltag seinen gewohnten Lauf zu nehmen. Syrische Regierungskräfte sollen in die Stadt Duma einmarschiert sein, wo auch russische Militärpolizei den Einsatz absichert. Die Experten der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) setzen ihre Mission zur Untersuchung des mutmaßlichen Giftgasangriffs vom 7. April fort.
Moskau hält aber weiter an seiner Sicht der Dinge fest, dass das Assad-Regime über keine Chemiewaffen verfüge. Da es noch keine gesicherten Erkenntnisse internationaler Experten in dem Fall gibt, ist es für Russland ein Leichtes, die westlichen Vorwürfe als Fantasie abzutun. Parallel wurden Meldungen gestreut, wonach syrische Regierungskräfte in einer Siedlung in Ost-Ghouta ein Chemiewaffenlabor der Rebellen ausgehoben hätten. Schon am Freitag hatte Moskau westliche Geheimdienste beschuldigt, die Giftgasattacke selbst inszeniert zu haben.
Russische Experten betonten die Symbolhaftigkeit des Angriffs. Der Luftschlag habe „politischen Charakter“, sagte Jelena Suponina vom Russischen Institut für Strategische Studien dem Fernsehsender „Rossija 24“. Die USA hätten keine Syrien-Strategie; Trump sei unkalkulierbar – das sei man ja schon gewohnt. Iwan Konwalow vom Kreml-nahen Zentrum Strategischer Konjunktur sprach von einer „Machtdemonstration“: „Es war ein beschränkter Schlag, nur um zu zeigen: Wir lassen uns das nicht gefallen.“ Moskaus Vizeaußenminister Anatolij Rjabkow erklärte, Moskau sei mit den Angreiferstaaten weiterhin in Kontakt.
Jutta Sommerbauer