NSU-Prozess: Beate Zschäpe krank: Verhandlung fällt aus
Am dritten Jahrestag des Endes der NSU-Terrorzelle muss der Prozess ausfallen. Grund dafür: Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe ist krank. Heute hätte der ehemalige V-Mann Carsten S. aussagen sollen, der schon früh Hinweise auf eine Bewaffnung gab.
Die mit Spannung erwartete Verhandlung im NSU-Prozess am dritten Jahrestag des Endes der Terrorzelle fiel aus. „Frau Zschäpe ist krank“ teilte am Dienstagmorgen kurz vor 10 Uhr eine Justizangestellte im Saal A 101 des Oberlandesgerichts München den wartenden Bundesanwälten, Verteidigern, Nebenklage-Anwälten, Journalisten und Zuschauern mit. Was sich die Hauptangeklagte zugezogen hat, wurde offiziell nicht bekannt gegeben. In Münchner Justizkreisen war zu hören, Zschäpe sei in der vergangenen Woche erkältet gewesen und habe sich noch nicht erholt. Dass vor drei Jahren Zschäpes Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Eisenach starben, soll kein Grund für die gesundheitlichen Probleme sein.
Im Mai fiel im Prozess fast eine ganze Woche aus, als Zschäpe an Übelkeit litt. Ein Arzt untersuchte die Frau und bescheinigte ihr „psychophysische Beeinträchtigungen“. Die Angeklagte wirkte angesichts der Dauer der Hauptverhandlung, damals immerhin schon ein Jahr, zermürbt. Doch Zschäpe fing sich wieder. Im Juli jedoch gab es weitere Anzeichen für eine psychische Erschöpfung. Zschäpe entzog plötzlich ihren drei Anwälten das Vertrauen. Eine plausible Erklärung konnte die Angeklagte aber nicht liefern. Der 6. Strafsenat unter Vorsitz von Manfred Götzl beließ die drei Pflichtverteidiger an der Seite Zschäpes.
Carsten S., V-Mann, hatte schon früh Hinweise auf die Terrorzelle gegeben
Für diesen Dienstag hatte Götzl einen Zeugen geladen, der offenbar schon früh Hinweise auf eine Bewaffnung der Terrorzelle bekam. Carsten S., ehemaliger V-Mann des Brandenburger Verfassungsschutzes, berichtete der Behörde im August 1998, eine sächsische Rechtsextremistin habe über zwei Männer und eine Frau gesprochen, die auf der Flucht vor der Polizei seien. Kurz darauf ergänzte der Spitzel, selbst Rechtsextremist und wegen versuchten Mordes an einem Afrikaner lange inhaftiert, seine Angaben. Nun hatte Carsten S. auch erfahren, der Anführer der sächsischen Sektion der internationalen Skinhead-Vereinigung „Blood & Honour“ solle den Flüchtigen Waffen für einen Raubüberfall beschaffen. Mit dem erbeuteten Geld hätten die drei die Bundesrepublik in Richtung Südafrika verlassen wollen.
Der sächsische Verfassungsschutz observierte dann den führenden Skinhead und zwei weitere mutmaßliche Unterstützer der Terrorzelle, erhielt aber keine neuen Erkenntnisse. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz kam nicht weiter, als es den Kahlkopf von Oktober 1998 bis April 1999 überwachte.
V-Mann Carsten S. war eine ergiebige Quelle
Der V-Mann Carsten S. war von 1994 bis zu seiner Enttarnung im Jahr 2000 für den Brandenburger Verfassungsschutz unter dem Decknamen „Piatto“ tätig. Er galt als ergiebige Quelle und warnte auch vor dem Plan Berliner Neonazis, den Tagesspiegel anzugreifen. Seit Juli 2000 befindet sich Carsten S. in einem Zeugenschutzprogramm der Brandenburger Polizei. Das Landesinnenministerium wollte deshalb zunächst auch nur eine audiovisuelle Vernehmung von Carsten S. im NSU-Prozess zulassen. Der Ex-V-Mann sollte getarnt und von einem geheimen Ort aus Antworten geben. Innenminister Ralf Holzschuher (SPD) ließ dann aber doch eine Befragung im Oberlandesgericht München zu. Wann sie nun stattfindet, ist offen. An diesem Mittwoch soll jedenfalls die Hauptverhandlung fortgesetzt werden.