Merkel trifft Söder am Chiemsee: „Bayern hat einen guten Ministerpräsidenten“
Die Kanzlerin liefert Söder bei ihrem Besuch in Bayern tolle Bilder. Der K-Frage aber weicht Merkel aus. Die Harmonie am Chiemsee trübt das nicht.
In demonstrativer Harmonie haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in der Coronavirus-Krise ihrer gegenseitigen Unterstützung versichert. Söder sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Garten auf Schloss Herrenchiemsee, Bayern unterstütze ausdrücklich die Pläne der gerade begonnenen deutschen EU-Ratspräsidentschaft und den Kurs der Bundeskanzlerin für einen milliardenschweren Wiederaufbaufonds.
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„Es war nicht nur ein Besuch, sondern eine spannende Diskussion“, sagte Söder zu dem Treffen mit Merkel. „Ich glaube, dass Deutschland besser durch die Krise gekommen ist als andere Länder, liegt auch an der Führung der Bundeskanzlerin.“ Europa drohte zu zerfallen. „Es geht ehrlich gesagt, um das Ganze für Europa. Vielleicht war eine Ratspräsidentschaft noch nie so wichtig.“
Auch Bayern habe gemerkt, wie eng Europa verwoben sei. „Wir haben gespürt, dass der Rückzug in die nationale Nische nicht der Weg der Zukunft sein kann.“ Es müsse ein neuer Weg gegangen werden.
Zu den aktuellen Maßnahmen in der Krise sagte Merkel, sie halte eine Änderung im Vorgehen bei neuen lokalen Coronavirus-Ausbrüchen für sinnvoll. Das sei ein Vorschlag, „für den ich werben würde“, sagte sie. Diskutiert wird zwischen Bund und Ländern derzeit ein Paradigmenwechsel.
Danach sollen die derzeitigen Einreisebeschränkungen für Einwohner aus besonders betroffenen Landkreisen in andere Bundesländer künftig durch Ausreiseverbote in den Coronavirus-Gebieten abgelöst werden. Söder verwies darauf, dass Bayern dies bereits getan habe, und betonte: „Das gibt Sicherheit für alle Beteiligten.“
Kein offizielles Thema des Besuchs waren eigentlich Spekulationen, CSU-Chef Söder könnte im nächsten Jahr als Kanzlerkandidat der Union antreten. Söder, der in Umfragen deutlich besser abschneidet als die Bewerber für den CDU-Parteivorsitz Friedrich Merz, Armin Laschet oder Norbert Röttgen, sagte zu der Frage vor dem Treffen, ob die gemeinsamen Bilder in der prächtigen Umgebung nicht seine Ambitionen unterstreichen: „Das wird immer überinterpretiert.“ Sein Platz sei in Bayern.
Merkel wich bei der Pressekonferenz der Frage aus, ob sie sich Söder als nächsten Bundeskanzler vorstellen könne. Sie habe sich in diesem Punkt besondere Zurück auferlegt. „Deshalb werde ich dazu in keiner Weise und in keinem Umfeld etwas kommentieren.“ Sie könne nur sagen: „Bayern hat einen guten Ministerpräsidenten und der hat mich heute eingeladen. Mehr können Sie da von mir nicht hören.“
Wenn sie von anderen Kabinetten in Deutschland eingeladen werde, würde sie auch diese besuchen, sagte Merkel auf die Frage, ob sie zum Beispiel auch nach NRW reisen würde.
Söder hatte zuvor in dieser Frage eine andere Klippe umschifft. Als ein Fan ihm ein Plakat hinhielt, auf dem in nicht ganz korrekter Schreibweise stand, „Markus Söder Kanzlerkanditat“, weigerte er sich beharrlich, darauf zu unterschreiben. „Das gibt nur Ärger“, sagte Söder.
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Ansonsten hatte Söder das maximal Prunkvolle aus dem Termin herausholen lassen: Empfang auf dem Schloss, Dampfer-Schifffahrt, Kutschfahrt zum Schloss, Besuch einer Ausstellung zum Grundgesetz und Mittagessen im großen Spiegelsaal.
Es sei das erste Mal gewesen, dass ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin an einer Sitzung des bayerischen Kabinetts teilgenommen habe, sagte Söder. Es sei ihm eine Ehre, dass die Bundeskanzlerin seiner Einladung gefolgt sei. Dies sei ein „Signal des neuen Miteinander“, hatte er vor der Kabinettsitzung gesagt. Merkel erwiderte: „Ich danke für den Sinn für Premieren“ – und gab einen sehr persönlichen Einblick.
Sie habe sich sehr auf das Schloss gefreut. Sie sei nämlich schon einmal hier gewesen, im Alter von sieben Jahren. „Meine Eltern hatten mit meiner Hamburger Großmutter eine Reise nach Bayern gemacht. Die Großmutter wollte Bayern sehen, und mein Vater sollte sie kutschieren.“ Im Schloss auf dem Parkett hätte man aber damals „Hausschuhe“ anziehen müssen.
Ihre Eltern hätten dann entschieden, dass die Kinder nicht mit ins Schloss sollten. Die Kinder hätten mit ihrer Großmutter „in der Hitze vor dem Schloss“ sitzen müssen, während die Eltern das Schloss im Inneren besichtigen konnten. Wenige Tage später kam der Mauerbau. Der Rest ihrer Kindheit habe stattgefunden, ohne dass sie Bayern besuchen konnte. (mit dpa)