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Die Bombe hat die Polizeistation völlig zerstört.
© AFP
Update

Cizre: Autobombe in Türkei tötet mindestens elf Menschen

Im Kurdengebiet der Türkei kam es am Freitagmorgen erneut zu einer Explosion. Die PKK hat sich zum dem Attentat bekannt.

Fast 80 Menschen wurden nach Regierungsangaben verletzt, als am Morgen vor dem Polizeipräsidium in Cizre eine Autobombe explodierte. Die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) übernahm die Verantwortung für den Anschlag. Die türkische Regierung kündigte Vergeltung an.

Die Wucht der Explosion zerstörte das mehrstöckige Polizeipräsidium vollständig, umliegende Gebäude wurden schwer beschädigt. 78 Menschen, unter ihnen drei Zivilisten, wurden verletzt. Vier von ihnen schwebten nach den Worten von Gesundheitsminister Recep Akdag in Lebensgefahr. In der nur zwei Kilometer von der syrischen Grenze entfernten 100.000-Einwohner-Stadt Cizre leben überwiegend Kurden.

Die PKK gab als Grund für die Tat in einer im Internet veröffentlichten Erklärung die "anhaltende Isolation" des inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan an sowie "mangelnde Informationen" zu seiner Lage. Öcalan sitzt seit 1999 auf der Gefängnisinsel Imrali bei Istanbul eine lebenslange Haftstrafe ab. Seitdem hatte der Gründer und Anführer der PKK keinen direkten Kontakt zur Öffentlichkeit mehr. Seit gut einem Jahr ist ihm auf der streng abgeschirmten Insel auch Besuch von seinen Anwälten und Verwandten untersagt.

Die PKK bekannte sich auch zu dem Angriff auf einen Konvoi des türkischen Oppositionsführers Kemal Kilicdaroglu am Vortag, bei dem ein Gendarm getötet wurde. Die Organisation betonte, sie habe nur die begleitenden Polizisten im Visier gehabt, nicht den Politiker und dessen säkulare Republikanische Volkspartei (CHP).

Regierungschef Binali Yildirim sagte, die Türkei werde den "abscheulichen" Verantwortlichen für den Angriff in Cizre "die Antwort geben, die sie verdienen". "Keine Terrororganisation kann die Türkei als Geisel nehmen", fügte er hinzu. Wenige Stunden vor der Explosion in Cizre griff die türkische Armee Staatsmedien zufolge Stellungen kurdischer Milizen in Nordsyrien an.

Das türkische Militär hatte am Mittwoch eine Großoffensive im syrischen Grenzgebiet begonnen, die sich nach Regierungsangaben sowohl gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) als auch gegen die syrisch-kurdische Partei der Demokratischen Union (PYD) richtete. Die türkische Regierung betrachtet die PYD und ihren bewaffneten Arm, die Volksverteidigungseinheiten (YPG), ebenso wie die PKK als Terrororganisation. Ankara will ein zusammenhängendes kurdisches Einflussgebiet im Norden Syriens verhindern.

Am Freitag schickte die Türkei weitere Panzer über die Grenze in Richtung des syrischen Grenzortes Dscharablus, wie ein AFP-Fotograf beobachtete. An der Seite der Türkei kämpfende syrische Rebellen hatten die Stadt am Mittwoch aus der Hand der IS-Miliz erobert. Dabei erhielten sie Unterstützung von US-Kampfflugzeugen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und der russische Staatschef Wladimir Putin vereinbarten, den Menschen in der syrischen Provinz Aleppo schneller humanitäre Hilfe zukommen zu lassen. Beide Seiten bestätigten ein entsprechendes Telefonat, in dem auch die Notwendigkeit "gemeinsamer Anstrengungen im Kampf gegen den Terrorismus" unterstrichen worden sei.

Unterdessen unternahmen US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow einen neuen Versuch zur Wiederbelebung der internationalen Syrien-Verhandlungen. Beide trafen in Genf auch kurz mit dem UN-Sondergesandten Staffan de Mistura zusammen.

Die USA und Russland kämpfen im Syrien-Krieg gegen die dschihadistische IS-Miliz, unterstützen sonst jedoch gegnerische Konfliktparteien. Während Moskau an Präsident Baschar al-Assad festhält, steht Washington an der Seite bewaffneter Gegner des Staatschefs sowie der kurdischen YPG. Diese werden wiederum von der Türkei, dem Nato-Partner der USA, bekämpft. (AFP)

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