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Treffen in der Residenz am Rande von Moskau: Russlands Präsident Wladimir Putin und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel bei der Begrüßung.
© AFP

Sigmar Gabriel bei Wladimir Putin: Auf neuen alten Wegen

Wirtschaftsminister Gabriel besucht den russischen Präsidenten Putin – und spricht über Möglichkeiten, die Zusammenarbeit wieder aufzunehmen.

Eigentlich empfängt Wladimir Putin zwar Staats- und Regierungschefs, aber keine ausländischen Minister. Für die Deutschen macht der russische Präsident regelmäßig eine Ausnahme. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel traf Putin am Mittwoch in dessen Residenz in Nowo-Ogarjowo. Die Beziehungen zu Deutschland sind aus Sicht des Kremls von besonderer Bedeutung. Das gilt gerade in einer Zeit, in der Russlands Verhältnis zum Westen wegen des Ukraine-Konflikts stark belastet ist. Für ein „kurzes Gespräch“ werde der Präsident den Vizekanzler empfangen, teilte Putins Sprecher Dmitri Peskow vorab mit. Und auch in Moskau wird wahrgenommen, dass der SPD-Chef durchaus ein höheres Amt anstrebt. „Natürlich will ich Bundeskanzler werden, wenn die SPD mich aufstellen will“, sagte er dem „Stern“. Mit dieser Aussage machte er seinen Führungsanspruch in seiner Partei in aller Klarheit noch einmal deutlich - zu einem Zeitpunkt, da Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen der Flüchtlingskrise mit sinkenden Umfragewerten zu kämpfen hat.

Gabriel forderte von Russland mehr Anstrengungen im Ukraine-Konflikt. Moskau und Kiew müssten gemeinsam an einer Umsetzung des Minsker Abkommens arbeiten. Zugleich sprach er sich russischen Medienberichten zufolge bei dem Treffen mit Putin dafür aus, Deutschland und Russland sollten „nach neuen Wegen suchen, die Zusammenarbeit wieder aufzunehmen“.

Der Wirtschaftsminister war im März 2014 als erster westlicher Politiker zu Putin gereist, nachdem russische Soldaten strategische Punkte auf der Krim besetzt hatten. Gabriel hat sich mehrfach für eine Aufhebung der Sanktionen ausgesprochen, die die EU wegen Moskaus Rolle im Ukraine-Konflikt gegen Russland verhängt hatte. Die Kanzlerin sieht das jedoch anders. Die Sanktionen könnten erst gelockert werden, wenn alle Bedingungen des Minsker Abkommens für eine Friedenslösung in der Ostukraine erfüllt seien, betonte Angela Merkel in der vergangenen Woche. Mehrere Punkte des Abkommens sind von einer Umsetzung weit entfernt. Die Sanktionen laufen Ende Januar aus – würden aber verlängert, wenn es bei der auch von der EU unterstützten Verknüpfung mit dem Minsker Abkommen bleibt.

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland sind seit 2013 rückläufig. Gabriels Ministerium führt dies nicht in erster Linie auf die Sanktionen zurück: „Grund ist vor allem die schwierige wirtschaftliche Lage in Russland als Folge einer stark abgeschwächten Konjunktur in Verbindung mit zuletzt rückläufigen Preisen für Rohstoffe, die den größten Teil der deutschen Importe aus Russland bestimmen.“ Auch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kommt zu dem Ergebnis, für die Abwertung des Rubels sei vor allem der fallende Ölpreis verantwortlich. Die Sanktionen spielten nur eine „untergeordnete Rolle“. Im ersten Halbjahr 2015 gingen die Einfuhren aus Russland im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 24 Prozent zurück. Bei den Exporten wurde ein Minus von fast einem Drittel verzeichnet.

Der Minister nahm diesmal keine Delegation aus Wirtschaftsvertretern mit nach Moskau. Auf seinem Programm stand auch ein Treffen mit Energieminister Alexander Nowak. Welche Termine Gabriel in Moskau an diesem Freitag noch hat, wollte ein Sprecher nicht sagen. Einige Gespräche seien „vertraulich“.

Wie heikel derzeit deutsch-russische Treffen sein können, zeigte der Petersburger Dialog in Potsdam, der vergangene Woche mit einem Eklat endete: Der Vorsitzende Viktor Subkow machte in seinem Schlusswort und beim anschließenden Empfang seinem Ärger über die deutsche Kritik am russischen Vorgehen in der Ukraine Luft. Er habe „jegliche Contenance verloren“, berichteten Teilnehmer. Der deutsche Ko-Vorsitzende Ronald Pofalla habe erwidert, dass Deutschland die Annexion der Krim nicht akzeptieren werde und auch Repressionen gegen russische Nichtregierungsorganisationen inakzeptabel seien.

Bei Gabriels Gesprächen in Moskau werde auch die „Frage nach der Situation der Zivilgesellschaft“ in Russland eine Rolle spielen, versicherte ein Ministeriumssprecher.

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