Außenpolitik mit Drohen und Schmeicheln: Auf die Attacke lässt Trump den Rückzieher folgen
Der Umgang des US-Präsidenten mit dem Iran zeigt ein Muster seiner Außenpolitik: Nach verbalen Attacken kommen freundliche Angebote – kann das erfolgreich sein?
Wenn es so etwas wie ein Muster in der Trumpschen Außenpolitik wirklich gibt, dann könnte es genau so aussehen. Der US-Präsident droht verfeindeten Staaten laut und martialisch, rasselt rhetorisch mit den Säbeln, treibt die Eskalation eines Konfliktes voran – und das aber nur genauso lange, wie daraus kein tatsächlicher Krieg entsteht. Denn den scheut Donald Trump, der in anderthalb Jahren wiedergewählt werden will und der die Kriegsmüdigkeit vieler Amerikaner kennt, wie wenig anderes.
Dieses Muster ließ sich bei Nordkorea beobachten, dessen Machthaber Kim Jong Un der US-Präsident mal als kriegslüsternen und selbstmörderischen „Raketenmann“, mal als Verrückten und dann auf einmal als „meinen Freund“ bezeichnete. Man sah es im Umgang mit dem syrischen Machthaber Baschar al Assad, der trotz eindeutiger Drohungen aus Washington auch weiterhin Giftgas einsetzen kann – ohne ernsthafte Konsequenzen. Und es lässt sich in diesen Tagen im Konflikt mit dem Iran studieren.
Noch vor wenigen Wochen drohte der US-Präsident der Islamischen Republik mit der totalen Zerstörung, sollte das Land sein „bösartiges Verhalten“ nicht einstellen (was sich längst nicht nur auf die iranischen Ambitionen bezog, Nuklearwaffen herstellen zu können). Dann zeigte er sich auf einmal wieder verhandlungsbereit, erklärte, keinen „Regime Change“ anzustreben, sondern nur erreichen zu wollen, dass der Iran von der Bombe lasse – was ja eigentlich genau der Sinn des internationalen Atomabkommens war, das die USA vor einem Jahr einseitig gekündigt haben.
Ende der vergangenen Woche spitzte sich der Konflikt dann wieder zu, nachdem die iranischen Revolutionsgarden am Donnerstag eine unbemannte US-Aufklärungsdrohne vor der Küste des Landes abgeschossen hatten. Washington plante daraufhin zunächst einen Vergeltungsangriff, den Trump dann aber kurzfristig absagte – mit der Begründung, die befürchteten Opferzahlen auf iranischer Seite seien zu hoch.
Die nächste Volte ließ nicht lange auf sich warten: „Ganz von vorne“ könne man beginnen, erklärte Trump am Samstag. Er könne sich gar eine Zukunft vorstellen, in der die USA „der beste Freund“ des Iran seien. Zur Sicherheit ließ er aber Cyberangriffe auf iranische Raketenkontrollsysteme und ein Spionagenetzwerk ausführen, wie US-Medien berichteten. Und er kündigte zusätzliche „bedeutende“ Sanktionen an. Die zusätzlichen Strafmaßnahmen sollten ab Montag gelten, schrieb Trump auf Twitter.
Mit dieser Art von „maximalem Druck“ fühlt sich Trump deutlich wohler; anders als etwa sein Sicherheitsberater John Bolton will er einen Krieg so gut es geht vermeiden. Der übernahm die Rolle des Einschüchterers und warnte den Iran am Sonntag in Jerusalem davor, die „Besonnenheit“ der US-Regierung mit „Schwäche“ zu verwechseln. Das amerikanische Militär sei „einsatzbereit“.
Trump ist mit seiner Vorgehensweise bisher nicht besonders erfolgreich
Die Befürchtung nicht nur unter außenpolitischen Hardlinern ist, dass sich Trumps Rückzieher noch rächen könnte, da der Iran so ermutigt werde, mit seinen Provokationen fortzufahren. Dass die Verhandlungen mit Nordkorea derzeit stocken, wird ebenfalls genau vermerkt. Ob Kim überhaupt ein ernsthaftes Interesse hat, sein Atomarsenal abzurüsten, das er als Garantie dafür ansieht, dass sein Regime überlebt, bezweifeln viele.
Trump ist aber offenbar fest davon überzeugt, dass selbst feindliche und sogar ideologisch gefestigte Regime wie das in Pjöngjang oder die Mullahs in Teheran letztlich ein so großes Interesse an einer guten wirtschaftlichen Entwicklung haben, dass er sie mit Geld und möglichen Geschäften locken kann.
Das zeigt sich derzeit auch mit Blick auf den Nahostkonflikt: Der von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner erarbeitete angebliche „Jahrhundertplan“ der US-Regierung zu dessen Lösung besteht vor allem darin, dass den Palästinensern mit in Aussicht gestellten Investitionen in Höhe von 50 Milliarden Dollar die Lust auf einen eigenen Staat abgekauft werden soll. Diesem Deal, so kalkuliert Trump, könne doch keiner widerstehen. Viele Experten sehen das allerdings anders.
Generell lässt sich bisher nicht beobachten, dass der ehemalige Geschäftsmann und selbsterklärte „weltbeste Dealmaker“ Trump mit seiner Vorgehensweise besonders erfolgreich ist. Erschwerend kommt hinzu, dass Trump das Verhältnis zu engen Verbündeten wie Kanada oder der EU beschädigt hat, da er seine „Strategie“ auch immer wieder bei ihnen anwendet, besonders gerne in Handelsfragen. Dass Trump Rückschläge nachhaltig belasten, darf bezweifelt werden. Seine Aufmerksamkeitsspanne gilt als begrenzt. Und der nächste Konflikt kommt bestimmt.