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FDP Vize Bundesvorsitzender Wolfgang Kubicki spricht am 03.11.2017 vor der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin nach weiteren Sondierungsgesprächen von CDU, CSU, FDP und Bündnis90/Die Grünen. Foto: Michael Kappeler/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit
© picture alliance / Michael Kappe

Wolfgang Kubicki über Clemens Tönnies: „Auch eklige Meinungen ertragen“

Der Bundestagsvizepräsident äußert Verständnis für Aussagen des Fleischfabrikanten zu Afrika: "Gravierendes Problem der Klimadiskussion benannt".

Wenn man in Afrika investiere, vor allem in neue Kraftwerke, „dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn's dunkel ist, Kinder zu produzieren“. Diesen klima-, entwicklungs- und bevölkerungspolitischen Kommentar in einer Rede beim Tag des Handwerks in Paderborn hat der Fleischereiunternehmer und Schalke-04-Aufsichtstratschef Clemens Tönnies hernach als „schlicht töricht“ bezeichnet und hinzugefügt: „Ich bin über mich selbst bestürzt, dass mir so etwas passieren konnte.“

Das war am Freitag. Am Sonntagabend fand sich folgender Eintrag auf der Facebook-Seite von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP): „Die ziemlich drastische Aussage von Clemens Tönnies war nicht nur zulässig, sondern vielleicht auch notwendig, um auf ein Riesendilemma der selbst ernannten Klimaaktivisten hinzuweisen.“

Denn 2100, also in 80 Jahren, müssten mehr als 12 Milliarden „ernährt, untergebracht, beschäftigt“ werden, und deren Mobilitätsbedürfnisse würden „sicher nicht geringer sein als heute“. Wenn es nicht gelinge, so Kubicki, „das Bevölkerungswachstum in den Griff zu kriegen, können wir uns alle Überlegungen zum Erreichen der Weltklimaziele in die Haare schmieren“.  

"Öffentliche Verfolgung"

Am Montag scheint dem FDP-Politiker, im Zivilberuf Anwalt und Strafverteidiger, sein Facebook-Eintrag dann doch erklärungsbedürftig zu sein. Immerhin gab es erhebliche Kritik an Tönnies. Und die Selbsteinschätzung „schlicht töricht“ geht gefühlt doch über die Fremdzuschreibung „drastisch“ hinaus.

Weshalb Kubicki dem Tagesspiegel ein paar zusätzliche Bemerkungen zukommen ließ. "Ich verteidige nicht den Ton der ziemlich drastischen Aussage von Clemens Tönnies. Das tut er ja selbst auch nicht. Ich verteidige die Meinungsfreiheit und wende mich gegen die moralische Impertinenz, mit der sofort die öffentliche Verfolgung bis hin zur Existenzvernichtung aufgenommen wird. Tönnies hat ein gravierendes Problem der Klimadiskussion benannt, das tatsächlich einer dringenden Beantwortung bedarf.“

Wer nur noch Haltung verlange, statt sich der Auseinandersetzung zu stellen, „hat ein Fundamentalprinzip unserer Demokratie nicht verstanden: Meinungen auch dann zu ertragen, wenn sie eklig sind.“ Die Grenzen setze das Strafrecht. „Und dass sich Tönnies mit seiner Äußerung strafbar gemacht hat, wird man nicht ernsthaft behaupten wollen.“

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