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Polizeibeamte im Einsatz in Nordrhein-Westfalen.
© dapd

Razzien gegen Rechtsextremisten: Auch die NPD gerät unter Druck

Nordrhein-Westfalen ist mit einer landesweiten Razzia und mehreren Verboten gegen rechte Kameradschaften vorgegangen. Welche Gefahr ging von den Gruppierungen aus?

Im Hass auf den Staat war die „Kameradschaft Aachener Land (KAL)“ kaum zu übertreffen. „In einem Zeitalter von politischer Inquisition hat dieser Staat nichts mehr mit einem ,Deutschland’ gemein“, hieß es auf der Homepage der Neonazis. Dann folgte eine mehrdeutige Drohung: „Es gibt viele Optionen, das Blatt zu wenden.“ Dass zu den Optionen auch Terror zählte, zeigten die Neonazis, als im Mai 2010 zwei Anhänger mit Sprengsätzen nach Berlin fuhren, wo sie nur knapp gestoppt wurden – und als die Thüringer Bande „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)“ aufflog. Im Internet feierte die KAL die Terroristen. Auf der Homepage der Kameradschaft wurde die Trickfilmfigur Paulchen Panther gezeigt, neben der Parole „Zwickau rulez“. Der NSU hatte sich in Zwickau versteckt und vermutlich dort ein Video produziert, in dem Paulchen Panther die Morde der Bande präsentiert. Doch mit den Umtrieben der KAL ist nun Schluss.

Nach monatelanger Vorbereitung hat Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Donnerstag die Existenz der 46-köpfigen KAL beendet, und nicht nur ihre. Kombiniert mit einer landesweiten Razzia wurden auch die „Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“ (62 Mitglieder) und die „Kameradschaft Hamm“ (25 Mitglieder) verboten. Beide waren ebenfalls gewalttätig, der Verfassungsschutz rechnete sie der besonders aggressiven Neonazi-Strömung „Autonome Nationalisten“ zu. 2009 fielen Anhänger der zwei Kameradschaften mit heftiger Randale auf. Die Neonazis attackierten am Maifeiertag in Dortmund einen Aufzug von Gewerkschaftern, mehrere Personen wurden verletzt. Um den Angriff zu stoppen, kesselte die Polizei hunderte Rechte ein.

Video: Razzien bei braunen Kameradschaften:

Alle drei Kameradschaften waren berüchtigt für ihre Attacken auf Linke, für ihren Hass auf Migranten und Juden und für die neonationalsozialistische Gesinnung. Die KAL glorifizierte auf ihrer Homepage mehrfach das Regime der NSDAP. So verkündeten die Neonazis am 20. April 2010, „die Kameradschaft Aachener Land feiert den 121. Geburtstag des wahren Kanzlers der Wiedervereinigung des großdeutschen Reiches und des Wirtschaftswunders. Herzlichen Glückwunsch, Adolf Hitler!“

Bilder zu den Razzien in Nordrhein-Westfalen:

Der massivste Schlag der Sicherheitsbehörden gegen Rechtsextremisten in der Geschichte Nordrhein-Westfalens könnte auch die NPD in Bedrängnis bringen, obwohl die Neonazis noch brachialer auftraten als die Partei. Die Polizei fand jetzt bei den Durchsuchungen in Dortmund, im Szenetreff der Kameradschaft Nationaler Widerstand, etwa 1000 Wahlplakate der NPD. Am Sonntag wird in der Ruhrgebietsmetropole der Stadtrat gewählt. Dass die Partei von schlagwütigen Neonazis unterstützt wird, ist nicht neu, aber jeder weitere Beleg stärkt die Befürworter eines Verbotsverfahrens gegen die NPD. Zu ihnen zählt auch Innenminister Jäger. Er kann nun die Wahlplakate der NPD neben Schuss-, Hieb- und Stichwaffen präsentieren, die Polizisten bei der Durchsuchung von 150 Wohnungen und weiteren Objekten in Nordrhein-Westfalen sicherstellten.

Und es könnte noch schlimmer kommen für die NPD. Sicherheitskreise äußern immer noch den Verdacht, Neonazis im Ruhrgebiet und im Rheinland könnten die Thüringer Terrorgruppe unterstützt haben. Die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen 2006 in Dortmund den Deutschtürken Mehmet Kubasik in seinem Kiosk. 2004 hatten die beiden Terroristen in Köln vor einem türkischen Friseursalon eine Nagelbombe gezündet, 22 Menschen erlitten Verletzungen. Und im Januar 2001 explodierte in einem iranischen Geschäft in Köln ein Sprengsatz, eine Frau wurde verletzt. Die Polizei untersucht nun das bei der Großrazzia sichergestellte Material auch auf Indizien für Verbindungen zwischen Neonazis der KAL und der zwei anderen Kameradschaften zum NSU. Kein angenehmer Vorgang für die NPD. Frank Jansen

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