Flüchtlinge: Asyl: Berlins Behörden müssen flexibler werden
Viele Berliner helfen, wenn es um Flüchtlinge geht. Anders sieht es bei den Ämtern aus. Dort regiert nur der Standard, meint Berlins frühere Ausländerbeauftragte. Ein Kommentar.
Berlin lebt im Notstand mit seinen Flüchtlingen. Zu wenig Personal, zu wenig Wohnplätze, viele ungeeignet für Familien. Die Integration in den Arbeitsmarkt kommt nicht voran und die Rückkehr erfolgloser, ausreisepflichtiger Asylbewerber vom Balkan findet fast nicht mehr statt. Aber es gibt auch viel Gutes, nämlich eine positive Grundstimmung bei den meisten Berlinern für die Aufnahme von schutzbedürftigen Flüchtlingen in der Stadt. Sie lassen sich täglich ungewöhnliche Hilfen einfallen: einen Praktikumsplatz für einen Optiker suchen, Schwimmkurse für Kinder organisieren, sich in sozialen Netzwerken für Flüchtlinge stark machen. Solche Kümmerer sind derzeit das größte Kapital, das Berlin hat.
Doch handfeste Probleme lassen sich damit nicht lösen. Bei Behörden regiert dagegen der Standard. Sie machen alles genau so wie immer, obwohl sie merken, dass sie durch die schieren Zahlen der Neuankömmlinge hoffnungslos überfordert sind. Warum keine personelle Hilfe von außen holen? Warum dämmert den leitenden Mitarbeitern nicht, dass man bei einem Notstand neue Regeln an die Stelle der geltenden einbringen sollte?
Wie und wo kann ein Bäcker ohne jede formale Ausbildung nachweisen, was er kann? Wo bleibt das Internetprogramm, mit dem die Flüchtlinge – ein Smartphone hat jeder – sich über Jobangebote informieren und auch selbst Angebote machen können? Warum kann Englisch, das von vielen syrischen Schutzsuchenden gut gesprochen wird, nicht als Übergangssprache dienen, auch bei den Jobcentern, die für die anerkannten Flüchtlinge zuständig sind? Was antwortete kürzlich eine Beraterin einem Ingenieur, der sie auf Englisch fragte? „Hier ist Deutsch die Amtssprache. Mit Englisch müssen sie nach London gehen.“ Was den Verantwortlichen nicht klar zu sein scheint, ist das Außergewöhnliche dieser Flüchtlingszuwanderung. Diesmal ist Deutschland das europäische Zentrum bei der Aufnahme. Sicher ist, dass in den kommenden Monaten noch mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen werden und damit nach Berlin. Und dann?