Entwicklungsziele der UN: Armut und Hunger bis 2030 besiegen
Die Vereinten Nationen wollen Hunger und Armut bis 2030 besiegen. Es ist wahrscheinlich, dass dieses Ziel verfehlt wird. Ein Kommentar.
Wer den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ kennt, der wird sich in diesen Tagen daran erinnert fühlen. „Und alle Jahre wieder grüßen die Vereinten Nationen mit neuen Entwicklungszielen“ könnte man das Remake des amerikanischen Filmklassikers nennen, das noch in diesem Jahr weltweit anlaufen soll. Denn nachdem sich die Weltgemeinschaft zur Jahrtausendwende vorgenommen hatte, bis 2015 die Zahl der Armen und Hungernden auf der Erde zu halbieren, und damit gescheitert ist, hat sie nun einfach neue Ziele formuliert. Diesmal soll es bis 2030 klappen. Armut und Hunger sollen dann sogar ganz besiegt sein.
Trotz aller Rückschläge ist das genau die richtige Strategie. Die Vereinten Nationen, nicht weniger als 193 Staaten, bekennen sich dazu, die schlimmsten Missstände in der Welt zu bekämpfen. Dafür stecken sie sich Ziele und einen engen Zeitrahmen. Das macht die Sache berechenbar. Und es gibt Hilfsorganisationen und reichen Philanthropen, die heute eine große Rolle in der Entwicklungshilfe spielen, die Möglichkeit, sich konkret einzubringen.
Aber hat der Stoff diesmal das Zeug zum Happy End, so wie es die Originalversion aus Hollywood mit Bill Murray vormacht? Allein, dass es nun 17 statt bisher acht Ziele gibt, die noch dazu in 169 Unterziele aufgegliedert sind, birgt Risiken. Im Daten-Klein–Klein könnte der Blick für das große Ganze verloren gehen.
Es gibt keine Gewähr, dass die Ziele erreicht werden
Die zentrale Frage aber lautet: Warum sollte in den kommenden 15 Jahren mehr erreicht werden als in den vergangenen? Wo die Welt doch gerade in Kriegen und Krisen versinkt, wo zurzeit so viele Menschen auf der Flucht sind wie zuletzt nach dem Zweiten Weltkrieg und der Klimawandel immer mehr Lebensräume zerstört? Die Antwort ist ernüchternd und ermutigend zugleich: Es gibt keine Gewähr, dass die neuen Ziele erreicht werden. Es ist sogar wahrscheinlich, dass sie wieder verfehlt werden. Dass Erfolge wieder vor allem auf China und Indien und diesmal vielleicht noch auf Indonesien begrenzt bleiben, während in Afrika und in den Armenhäusern Asiens auch 2030 weiter viele Menschen unwürdige Lebensbedingungen erdulden müssen. Dennoch schafft allein die Formulierung der Ziele einen enormen Druck, die darin genannten Probleme anzugehen und zu überwinden. Handeln ist Pflicht.
Diesmal werden außerdem auch Industriestaaten wie Deutschland in die Verantwortung genommen, durch nachhaltiges Wirtschaften und Konsumverhalten im eigenen Land die Lebensbedingungen weltweit zu verbessern. Natürlich ist die Botschaft nicht neu: Auch wir können nicht weitermachen wie bisher, wenn immer mehr Menschen auf der Erde leben und überleben wollen. Dass dies nun auch in dem neuen UN-Aktionsplan steht, setzt uns unter Zugzwang – die Politik ebenso wie Unternehmen, die im Ausland produzieren lassen, und jeden einzelnen Verbraucher. Die Tatsache, dass wir Jahr für Jahr Milliarden für Entwicklungshilfe ausgeben, reicht für ein gutes Gewissen künftig nicht mehr aus. Auch nicht der Hinweis darauf, dass vor allem Korruption und Misswirtschaft für schlechte Schulen, Krankenhäuser und Straßen in den Entwicklungsländern verantwortlich sind. Das ist zwar richtig und muss auch ausgesprochen werden, ein Happy End wird es aber nur geben, wenn auch wir dazulernen und uns ehrlich machen. Phil Connors alias Bill Murray lässt grüßen.