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Wo ist Kim Jong Un?
© Karikatur: Klaus Stuttmann

Nordkorea: Arbeiterpartei feiert Geburtstag - ohne Kim Jong Un

Seit Anfang September ist Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un nicht mehr öffentlich aufgetreten. Am Freitag fehlt er auch beim Jubiläum der herrschenden Arbeiterpartei. Übernimmt Kims Schwester die Geschäfte?

Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un ist auch bei den Feierlichkeiten zum 69. Jahrestag der herrschenden Arbeiterpartei nicht dabei. Kim Jong Un stand nicht auf der Gästeliste zu den Feierlichkeiten, die am Freitag von der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA verbreitet wurde. Die Spekulationen über eine Verschiebung im Machtgefüge der Diktatur werden damit erneut befördert. Kim Jong Un war zuletzt Anfang September in der Öffentlichkeit gesehen worden.

Der amerikanische Fernsehsender CNN berichtete, Kim Jong Uns Schwester Kim Yo Jong führe möglicherweise zumindest vorübergehend die Amtsgeschäfte in dem weitgehend abgeschotteten Land. Sie sei die jüngste von sieben Kindern des Diktators, geboren 1987 oder 1988. Zusammen mit ihrem Bruder soll sie eine Privatschule in der Schweiz besucht haben.

Die wichtigste Zeitung des Landes, die "Rodong Sinmun" ("Arbeiterzeitung") zeigte am Freitag auf ihrer Titelseite den Vater und Großvater von Kim Jong Un, Kim Jong Il und Kim Il Sung. Der Diktator selbst wurde von dem Blatt nicht präsentiert. Zu den Feierlichkeiten der Kommunistischen Partei zählte ein Besuch im Mausoleum der beiden Vorfahren des aktuellen Machthabers. An den Zeremonien am Freitag nahm die faktische Nummer zwei der nordkoreanischen Staatshierarchie, Hwang Pyong So, teil. Am Mausoleum für Kim Il Sung und Kim Jong Il, dem Kumsusan-Palast, wurde Kim Jong Un mit Blumen geehrt.

Der letzte öffentliche Auftritt von Kim Jong Un datiert auf den 3. September. Damals besuchte der Diktator, der 30 oder 31 Jahre alt sein soll, mit seiner Frau Ri Sol Ju ein Konzert in der Hauptstadt Pjöngjang. Seine wochenlange Abwesenheit hat Spekulationen über den gesundheitlichen und politischen Zustand des Machthabers ausgelöst. Nordkorea hatte über das Staatsfernsehen ein "Unwohlsein" Kims zugegeben.

Südkorea hat sich allerdings von Mutmaßungen distanziert, Kim Jong Un könnte politisch geschwächt sein. Der Sprecher des südkoreanischen Wiedervereinigungsministeriums, Lim Byeong Chul, sagte, laut den nordkoreanischen Medien übe Kim seine Amtsaufgaben wie gewohnt aus. "Es scheint, dass Kims Herrschaft normal abläuft", sagte er. Was die Vermutungen über Kims Gesundheitszustand betreffe, könne die Regierung nichts bestätigen, wurde Lim von der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap zitiert. Südkoreanische Medien hatten zuvor berichtet, Kim habe vermutlich aufgrund seines Übergewichts Probleme mit den Beinen und leide an Gicht. Anfang Oktober hatte eine hochrangige Regierungsdelegation aus Pjöngjang Südkorea bereist und hatte dort das Gespräch mit Regierungsvertretern gesucht.

Jubiläum der Arbeiterpartei vor einem Jahr: Damals war Kim Jong Un noch dabei.
Jubiläum der Arbeiterpartei vor einem Jahr: Damals war Kim Jong Un noch dabei.
© KCNA/AFP

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, Kim Jong Un leide offenbar an einer sich verschlechternden Beinverletzung. Er sei aber arbeitsfähig und habe die Staatsgeschäfte unter Kontrolle, sagte eine Person, die Zugang zur nordkoreanischen und zur chinesischen Führung hat, am Donnerstag. Es werde wohl drei Monate dauern, bis die Verletzung, die sich Kim Ende August oder Anfang September zugezogen habe, verheilt sei. Es gebe keinen Riss in der kommunistischen Führung in Pjöngjang. Nach Angaben von Südkoreas Verteidigungsminister Han Min Koo gibt es Hinweise, dass sich Kim nördlich von Pjöngjang erholt.

Auch Choe Ju Hwal, früher Oberst in Nordkoreas Geheimdienst, teilt die Einschätzung, Kim Jong Un sei nach wie vor an der Macht. Choe, der sich vor 19 Jahren auf einer Auslandsreise abgesetzt hat und heute in Südkorea lebt, sagte dem "Spiegel": "Kim Jong Un ist derzeit jedenfalls unumstritten, er sitzt fest im Sattel. Vor allem aber ist er Teil eines Machtapparats, der den einzigen Zweck verfolgt, sich selbst zu erhalten." (mit AFP/dpa/rtr)

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