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Die heute 40-Jährigen können sich vermutlich nicht so entspannt zurücklehnen im Alter wie diese beiden Rentner vor dem Berliner Reichstag heute.
© Stephan Scheuer/dpa

Rente: Arbeiten bis zum Umfallen?

Schluss mit Wurschteln. Die Regierung muss die Altersvorsorge zukunftsfest machen und sollte das Thema nicht der AfD überlassen.

Es ist eine der größten Ängste der Deutschen: Man arbeitet sein Leben lang, und dennoch muss man im Alter knapsen. Unsinn, sagen Sie? Und wenn überhaupt, dann trifft das nur Menschen mit miesen Jobs und mieser Bezahlung? Von wegen.
Seitdem die Politik das Rentensystem umgebaut hat, hängt auch der Mittelstand in der Luft. Weniger gesetzliche Rente, mehr private Vorsorge – so lautete das Konzept, mit dem die Altersvorsorge zukunftsfest gemacht werden sollte. Die Konstrukteure hatten aber eines nicht auf dem Schirm: dass die Europäische Zentralbank unter ihrem Präsidenten Mario Draghi die Zinsen so weit in den Keller knüppelt, dass private Rentenversicherungen und betriebliche Pensionskassen nicht mehr die Lücke schließen können, die die Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus reißen wird.

Müssen wir bald bis 70 arbeiten?

Müssen wir bald bis 70 arbeiten oder gar bis 80, um im Alter über die Runden zu kommen? Der Sparkassenverband hält das für ziemlich realistisch. Die Junge Union denkt gar an eine gleitende Erhöhung der Lebensarbeitszeit. Für viele Menschen ist das eine Horrorvision.
Mit nichts lässt sich so gut Politik machen wie mit der Angst. Kein Wunder, dass sich die AfD auf ihre politischen Wurzeln besinnt und Draghis Geld- und Zinspolitik attackiert. Eine Partei, die sich zur Anwältin der Bürger macht, die berechtigterweise im Alter nicht in die Armut abstürzen wollen, hat ein starkes Pfund, mit dem sie wuchern kann. Auch deshalb, weil die großen Parteien dem bisher nicht genug entgegengesetzt haben. Im Gegenteil.

Bittere Aussichten für die Generation der 40-Jährigen

Mit ihrer Klientelpolitik haben CDU, aber viel mehr noch die SPD zwar Müttern und langjährig Beschäftigten Gutes getan, der jungen Generation haben sie damit aber einen Bärendienst erwiesen. Und so schön es für die Rentner von heute ist, dass ihnen im Sommer die kräftigste Erhöhung seit 23 Jahren winkt, so bitter sind die Aussichten für die heute 30- oder 40-Jährigen. Sinkendes Rentenniveau, Mickerzinsen – entweder man spart noch mehr oder man hat im Alter weniger. Wer weiß. Vielleicht ist die Lebensleistungsrente, über die die Regierungsparteien derzeit streiten, für viele später der Rettungsanker, der sie über das Sozialhilfeniveau hievt.

Die Regierung sollte das Thema nicht der AfD überlassen

Wer nicht will, dass die Menschen Populisten zulaufen, muss daher dringend gegensteuern, etwa bei den Betriebsrenten. Die Zinsen bleiben auf absehbare Zeit niedrig. Deshalb muss Bundesrentenministerin Andrea Nahles die betriebliche Altersvorsorge auf anderem Wege attraktiver machen. Etwa indem sie gemeinsam mit ihrem Kabinettskollegen, Gesundheitsminister Hermann Gröhe, die Betriebsrenten von den Beiträgen zur Krankenversicherung befreit – das wäre ein nachhaltiger Renditeschub für die Zusatzvorsorge.
Und auch die Idee, mit einer Deutschlandrente eine Alternative zum Riester-Sparen anzubieten, ist richtig. Während bei Riester die staatliche Förderung vor allem den Versicherungsvertrieb subventioniert, könnte man die neue, kapitalgedeckte Zusatzrente bei der gesetzlichen Rentenversicherung einrichten. Das spart Kosten und hilft den Rentnern von morgen. Egal, wie alt sie dann sind.

Heike Jahberg

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