Vorwürfe gegen das Außenministerium: Anwalt von Billy Six widerspricht seinem Mandanten
Hat das Auswärtige Amt den Journalisten Six im Stich gelassen, als der im venezolanischen Gefängnis saß? Six behauptet das - sein Anwalt sieht es anders.
Der venezolanische Anwalt des Journalisten Billy Six hat seinem Mandanten bei sein Vorwürfen gegen das Auswärtige Amt widersprochen. Er habe gemeinsam mit der deutschen Botschaft die Abreise von Six koordiniert, sagte der Anwalt Amado Vivas der argentinischen Wochenzeitung "Perfil". Six hatte behauptet, die deutschen Diplomaten hätten nicht gegen seine Inhaftierung protestiert und ihm während der langen Haft nicht geholfen.
Six' Anwalt erklärte nun, sein Mandant habe Venezuela gar nicht verlassen wollen: "Es war sehr schwer, ihn davon zu überzeugen, dass das Risiko für ihn sehr hoch war", sagte Vivas. Ausländische Journalisten würden widerholt bedroht, entführt und geschlagen. "Wir waren besorgt, dass sich keine zweite Chance [für eine Ausreise, Anm. d. Red.] ergeben würde und dass er ein großes Risiko eingeht", sagte der Anwalt gegenüber "Perfil".
Six habe sich zunächst mit venezolanischen Freunden treffen wollen, so Vivas. Daher habe der Journalist auch nicht den erstmöglichen Flug am Freitag angetreten. "Glücklicherweise hatte er keine Dokumente oder seinen Pass, um sich frei zu bewegen", erklärte Vivas. Dadurch habe der Anwalt gemeinsam mit der deutschen Botschaft seine Ausreise koordinieren können.
Six hat sich demnach bis zu seinem Abflug in der Botschaft aufgehalten. Mitarbeiter der Botschaft hätten ihm dann temporäre Ausweispapiere organisiert und ihn zum Flughafen begleitet. "Die Ausreise von Billy Six hatte Elemente eines Thrillers", sagt Vivas. "Als wir ihn befreien konnten, wollte er nicht gehen. Als er dann die Ausreise akzeptierte, gab es zunächst keinen Flug."
Dem Tagesspiegel sagte Vivas bereits vor Six' Freilassung, dass die Botschaft seiner Ansicht nach "alle möglichen Mechanismen in Bewegung gesetzt" habe.
Vier Haftbesuche von Diplomaten
Six selbst hatte verkündet, dass er nicht einmal Verpflegung für die Ausreise nach Deutschland erhalten habe. „Man wollte mich verrecken lassen“, sagte der Journalist. Auch das Auswärtige Amt widerspricht seinen Angaben: „Die deutsche Botschaft hat sich von Beginn an für Billy Six’ Freilassung eingesetzt und ihn engst möglich betreut". sagte eine Sprecherin.
Insgesamt hat es vier Haftbesuche gegeben – einen davon vom früheren deutschen Botschafter Daniel Kriener. Dieser habe schon im November beim venezolanischen Außenministerium gegen die Verhaftung protestiert, sagte die Sprecherin.
FDP-Abgeordnete kritisiert AfD
Die FDP-Abgeordnete und Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Gyde Jensen, äußerte sich empört über Six' Anschuldigungen. "Eine politisch motivierte Gefangennahme ist in keinem Land der Welt akzeptabel, unabhängig von politischer Gesinnung oder Staatsangehörigkeit." Es sei deshalb richtig, dass die Bundesregierung immer auf Aufklärung in einem fairen Verfahren gedrängt habe, eine Verbesserung der medizinischen Versorgung Billy Six erreicht habe, auf notwendigen Rechtsbeistand bestanden habe und sich schlussendlich mit Erfolg für eine sofortige Freilassung eingesetzt habe. Dass Six behaupte, die Bundesregierung habe ihm in Venezuela nicht helfen wollen, sei eine Frechheit.
Zur AfD, die die Bundestagsdebatte zu dem Fall angefragt hatte, sagte sie: "Es ist perfide, dass die AfD behauptet, dass sich ansonsten niemand für die Freilassung von Billy Six eingesetzt hätte." Menschenrechte seien nicht dazu da, um einzelne Fälle für die eigene Propaganda auszunutzen und dann bei anderen Fällen von inhaftierten Journalisten und Oppositionellen kein Wort von sich zu geben. "Wer diese faschistische Logik in dieses hohes Haus trägt, dem muss klar widersprochen werden", so Jensen.
Six schreibt für rechtskonservative Medien wie die "Junge Freiheit". Er saß vier Monate in venezolanischer Haft. Ihm wird Rebellion, Spionage und das Verletzten von Sicherheitszonen vorgeworfen. Das Verfahren läuft nach Informationen seines Anwaltes weiter vor einem Zivilgericht in Caracas. Six berichtete seit 2017 aus der Region. Neben der „Junge Freiheit“ schreibt er auch das „Deutschland Magazin“, das vom radikal rechten Verein „Die Deutschen Konservativen“ herausgegeben wird. Dieses hatte ihn nach Angaben von „Reporter ohne Grenzen“ nach Venezuela entsandt. Auf Anfrage der AfD gab es am Donnerstag eine Bundestagsdebatte zu seinem Fall.