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Eine Frau vor dem Brandenburger Tor mit einem Plakat, das die Gemeinschaft von Islam, Judentum und Christentum zeigen soll.
© dpa

Nach "Charlie Hebdo": Angst vor Terror wächst - aber nicht vor dem Islam

Die Terroranschläge in Paris haben in Deutschland die Angst vor dem Terror wachsen lassen. Doch deutlich weniger Menschen als früher sehen im Islam allgemein eine Bedrohung.

Von Matthias Schlegel

Nach den Terroranschlägen in Paris hat sich auch die Terrorangst in Deutschland erhöht: Befürchteten im September 2014 noch 60 Prozent der Befragten, dass islamistische Terroristen in nächster Zeit auch bei uns Anschläge verüben werden, sind es jetzt 70 Prozent. Das geht aus dem jüngsten Politbarometer der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen für ZDF und Tagesspiegel hervor, für das vom 13. bis 15. Januar 1287 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte in Deutschland telefonisch befragt wurden. 26 Prozent teilen diese Angst gegenwärtig nicht, im September 2014 waren es 37 Prozent.

Waren im September 2014 noch 55 Prozent der Befragten der Meinung, es werde bei uns zum Schutz vor Terroranschlägen genug getan, sind davon jetzt nur noch 49 Prozent überzeugt. 36 Prozent finden, es werde nicht genug getan. Im September waren es nur 28 Prozent. Nur ein Prozent der Befragten hält die Anti-Terror-Maßnahmen für zu weitgehend.

Der Islam als Religion insgesamt wird aber in geringerem Maße als früher als Bedrohung wahrgenommen. So meinen nur 35 Prozent der Deutschen, dass der Islam eine Bedrohung für die westlichen Demokratien darstelle. Im September 2012 waren noch 47 Prozent der Befragten dieser Meinung. 58 Prozent der Befragten sehen gegenwärtig keine Bedrohung durch den Islam. Unter den Anhängern der Parteien sehen nur die AfD-Sympathisanten mehrheitlich eine solche Gefahr (69 Prozent).

Auch was den Einfluss des Islam bei uns in Deutschland anbelangt, gibt es gegenüber der Erhebung im letzten September eine deutliche Stimmungsveränderung: Sagten vor vier Monaten noch 58 Prozent, der Islam habe auf unsere Gesellschaft zu viel Einfluss, teilen diese Meinung jetzt nur noch 44 Prozent. 42 Prozent der Befragten finden das Ausmaß des Einflusses gerade richtig, vor vier Monaten waren es nur 30 Prozent. Vor allem aber bei den Anhängern der Linken (43 Prozent), der Union (51 Prozent) und vor allem der AfD (88 Prozent) wird die Bedeutung des Islam hierzulande als zu groß eingeschätzt.

Die vom damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff geäußerte und jüngst von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgegriffenen Aussage, dass der Islam zu Deutschland gehört, polarisiert weiterhin: 48 Prozent der Befragten stimmen dieser Aussage zwar zu, aber ebenfalls 48 Prozent sind gegenteiliger Auffassung. Stimmen bei den Grünen- (73 Prozent), den FDP- (62 Prozent) und den SPD-Anhängern (56 Prozent) die meisten dieser Aussage Wulffs und Merkels zu, sind es in den Reihen der Unions- (46 Prozent) und Linke-Anhänger (41 Prozent) deutlich weniger. Und nur 4 Prozent der AfD-Anhänger teilen die Meinung, dass der Islam zu Deutschland gehört. Von den Westdeutschen stimmen 51 Prozent, von den Ostdeutschen aber nur 33 Prozent dieser Aussage zu.

Ein Viertel der Ostdeutschen findet "Pegida" gut

74 Prozent der Deutschen finden die Bewegung „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ ("Pegida"), die vor allem in Dresden in jüngster Zeit bei Demonstrationen starken Zulauf hatte, schlecht. Nur 17 Prozent der Befragten begrüßen die Proteste, 9 Prozent machen dazu keine Angabe. Während sich in den Reihen von CDU/CSU, SPD, Linke, Grünen und FDP jeweils nur Minderheiten positiv über "Pegida" äußern, tut dies bei den AfD-Anhängern eine Mehrheit von 70 Prozent. Sehr unterschiedlich wird die Bewegung auch in Ost und West wahrgenommen: Während nur 15 Prozent der Westdeutschen "Pegida" gut finden, sind es unter den Ostdeutschen 26 Prozent.  

Ganz unterschiedlich wird die Gesinnung der "Pegida"-Anhänger beurteilt: 43 Prozent der Befragten glauben, dass die Demonstranten mehrheitlich eher rechtes Gedankengut vertreten. 47 Prozent sind nicht dieser Meinung. 10 Prozent wollen sich nicht festlegen. Im Westen meinen 46 Prozent der Befragten, dass "Pegida"-Anhänger rechtes Gedankengut vertreten, im Osten glauben das nur 27 Prozent.

Positiveres Bild von Zuwanderern

Das Bild der Deutschen von Ausländern hat sich in jüngster Zeit zum Positiven hin verändert: Waren im Dezember 25 Prozent der Befragten der Meinung, dass die Migranten unserem Land eher Vorteile bringen, sind es nun 33 Prozent. 53 Prozent finden, Vor- und Nachteile glichen sich aus. Sagten im Dezember noch 24 Prozent der Befragten, die negativen Folgen überwögen, meinen das jetzt nur noch 11 Prozent. Im Westen sagen mit 35 Prozent deutlich mehr Menschen, dass die Zuwanderer eher Vorteile bringen. Im Osten sind nur 21 Prozent dieser Meinung.

Leichte Einbußen der Grünen

Bei der sogenannten Sonntagsfrage gibt es gegenüber dem vorangegangenen Politbarometer wenig Veränderungen (siehe Grafik):

Wenig Veränderung gegenüber der letzten Politbarometer-Umfrage.
Wenig Veränderung gegenüber der letzten Politbarometer-Umfrage.
© Tsp

Wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, kämen CDU/CSU unverändert auf 42 Prozent, die SPD bliebe ebenso konstant bei 25 Prozent. Auch die Linke würde unverändert 8 Prozent der Stimmen erreichen.

Leichte Einbußen müssten lediglich die Grünen hinnehmen, sie kämen jetzt auf 11 Prozent, was einem Verlust von einem Prozentpunkt gegenüber der letzten Umfrage bedeutet. Die FDP käme nach einer schwächeren Phase jetzt auf 3 Prozent und würde damit erneut den Einzug ins Parlament verpassen. Die AfD würde wie in den letzten Wochen 6 Prozent erreichen, die sonstigen Parteien lägen zusammen bei 5 Prozent. Eine parlamentarische Mehrheit gäbe es zurzeit also für eine große Koalition, für Schwarz-Grün sowie rechnerisch auch für ein Bündnis von CDU/CSU und AfD.

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