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Hand drauf: Der türkische Premierminister Ahmet Davutoglu (links) und EU-Ratspräsident Donald Tusk besiegeln das Flüchtlingsabkommen.
© dpa

EU-Gipfel mit der Türkei: Angela Merkel setzt Flüchtlingspakt durch

Bereits ab Sonntag werden nach Griechenland geflüchtete Migranten in die Türkei zurückgeführt. Die EU will im Gegenzug bis zu 72 000 Flüchtlinge aus der Türkei aufnehmen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren den Deal.

Zur Eindämmung der Flüchtlingskrise hat die Europäische Union ein hoch umstrittenes Abkommen mit der Regierung in Ankara geschlossen: Alle Bootsflüchtlinge, die von diesem Sonntag an auf den griechischen Ägäis-Inseln ankommen, werden wieder in die Türkei abgeschoben – außer sie können in einer Asylanhörung glaubhaft belegen, dass ihnen dort Gefahr droht. Auf diese von Kanzlerin Angela Merkel angestrebte „europäisch-türkische Lösung“ haben sich die 28 Mitgliedsstaaten am Freitag mit dem türkischen Premier Ahmet Davutoglu geeinigt.

Im Gegenzug wird das EU-Beitrittsverfahren beschleunigt und die visumfreie Einreise für alle türkischen Bürger von Ende Juni an ins Auge gefasst. Außerdem unterstützen die Europäer die Türkei bis 2018 mit sechs Milliarden Euro bei der Unterbringung und Integration syrischer Flüchtlinge. Für jeden aus Griechenland zurückgebrachten Schutzsuchenden aus Syrien darf dem Beschluss zufolge „ein anderer Syrer“ legal aus der Türkei einreisen. Laut Abschlusserklärung bietet die EU zusammen 72 000 Plätze zur legalen Aufnahme an. Bootsflüchtlinge verlieren damit de facto die Chance auf einen legalen Aufenthalt in der EU. „Wer sich auf diesen Weg begibt, riskiert nicht nur sein Leben, sondern hat auch keine Aussicht auf Erfolg“, sagte Merkel nach den Verhandlungen in Brüssel. Sie und die anderen Regierungschefs hoffen darauf, dass damit das Geschäftsmodell der Schlepper „zerstört“ wird.

Die Türkei darf keine zurückgenommenen Migranten in Gefahrengebiete abschieben

Menschenrechtsorganisationen kritisierten den Deal mit Ankara teilweise scharf, da aus ihrer Sicht die in der Genfer Konvention verankerten individuellen Schutzansprüche von Flüchtlingen ausgehebelt oder nur unzureichend verwirklicht werden. EU-Ratspräsident Donald Tusk wies dagegen ausdrücklich darauf hin, dass „jegliche Art von Kollektivausweisung ausgeschlossen ist“. Die Türkei sei zudem darauf verpflichtet worden, keine zurückgenommenen Migranten in Gefahrengebiete abzuschieben.

Damit das Verfahren wie geplant schon am Sonntag anlaufen kann, muss eine riesige logistische Operation anlaufen. 4000 zusätzliche Grenzbeamte, Asylexperten, Richter und Dolmetscher müssen nun auf den griechischen Inseln die Arbeit aufnehmen. Die Rückführungen von dort sollen Merkel zufolge am 4. April beginnen. Die Kanzlerin sprach von einem „ganz wichtigen Schritt“, betonte jedoch, dass es nun darum gehen müsse, mögliche Ausweichrouten wie jene über Libyen zu beobachten. Mit dem Türkei-Pakt sei „das Flüchtlingsthema als Ganzes noch nicht beendet“. Auch Tusk betonte, es handele sich „nur um einen Pfeiler einer Gesamtstrategie“.

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