Flüchtlingspolitik: Angela Merkel: Abschottung oder Lösung mit der Türkei
Die Kanzlerin hat sich in der Flüchtlingspolitik gegen nationale Abschottung ausgesprochen und plädiert vor dem EU-Gipfel für eine gemeinsame Lösung mit der Türkei.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will die Europäische Union im Flüchtlingsstreit vor die Alternative zwischen nationaler Abschottung und einer gemeinsamen Lösung mit der Türkei stellen. Beim Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel werde sich die Frage stellen, ob die Gemeinschaft mit „unserem europäisch-türkischen Ansatz“ Fluchtursachen bekämpfen und ihre Außengrenze sichern könne, sagte Merkel am Dienstag in Berlin. „Oder müssen wir jetzt schon aufgeben und die Grenzen nach Mazedonien schließen mit allen Folgen für Griechenland und die Europäische Union insgesamt und damit den Schengen-Raum?“ Sie werde alle Kraft daran setzen, dass sich die Verständigung mit der Türkei „als der Weg herausstellt, den es sich lohnt weiterzugehen.“
Merkel machte am Rande des Besuchs des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zugleich deutlich, dass sie in Brüssel noch nicht über weitere Flüchtlingskontingente sprechen will, die Europa der Türkei abnehmen könnte. Die Staats- und Regierungschefs würden sich damit derzeit auch „ziemlich lächerlich machen“. Merkel verwies darauf, dass von 160.000 Flüchtlingen, deren Verteilung in der EU seit Monaten beschlossen ist, noch keine 1000 tatsächlich verteilt sind. Jetzt über neue Kontingente zu reden hieße „den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun“.
Osteuropäer wollen massiven Grenzschutz in Bulgarien und Mazedonien
Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei hatten sich am Montag für einen massiven Grenzschutz gegen Flüchtlinge in Bulgarien und dem Nicht-EU-Staat Mazedonien ausgesprochen. Merkel hatte diesen Plan bereits scharf als uneuropäisches Vorgehen kritisiert. Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) betonte am Mittwoch, solche „zu einfachen Antworten“ griffen zu kurz. Nach Aussagen des deutschen Europa-Staatsministers Michael Roth (SPD) rechnet die Bundesregierung in der Flüchtlingsfrage mit einem Schulterschluss auch mit Frankreich. „Am Ende des Tages wird es wie immer einen deutsch-französischen Vorschlag geben, der mehrheitsfähig und durchsetzbar in der EU sein wird“, sagte Roth bei einem Gipfel-Vorbereitungstreffen in Brüssel. Frankreichs Ministerpräsident Manuel Valls hatte sich erst am Wochenende vom deutschen Kurs distanziert und erklärt, sein Land werde sich nicht an der Verteilung von Flüchtlingen über das bereits beschlossene Maß hinaus beteiligen.
Unionspolitiker dämpften derweil Erwartungen in das EU-Treffen. „Es wird auch nach diesem Gipfel in Brüssel keinen Schalter geben, mit dem man die ganze Krise abschaltet“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, alle hofften, „dass in der europäischen Asylpolitik wirklich ein wichtiger Fortschritt erreicht wird“. Sie lehnte es aber ausdrücklich ab, Merkel ein zeitliches Ultimatum zur Lösung der Flüchtlingskrise zu setzen. Wichtig sei, dass „in den nächsten Wochen und vielleicht auch Monaten“ ein glaubwürdiger Prozess in Gang komme, der zur Reduzierung der Zahl der Flüchtlinge führe.