Polens Präsident trifft Merkel und Gauck: Andrzej Duda - der schwierige Gast
Bei dem Besuch des polnischen Präsidenten Andrzej Duda in Berlin bemühen sich beide Seiten um Kooperation – trotz der Differenzen.
Die Präsidenten Polens und Deutschlands sind Befürchtungen entgegengetreten, dass die Kooperation unter der Rückkehr der nationalkonservativen Partei PiS (Recht und Gerechtigkeit) an die Macht in Warschau leiden könnte. Polens Präsident Andrzej Duda versprach beim Antrittsbesuch in Berlin am Freitag „bestmögliche Nachbarschaft“ und „europäische Solidarität“ in der Flüchtlingsfrage.
Bundespräsident Joachim Gauck sagte nach einer mehrstündigen Begegnung mit Duda, er sei überzeugt, dass es „keinen Wechsel in der Haltung der Polen gegenüber den Deutschen“ geben werde. „Was positiv begonnen hat, werden wir kraftvoll fortsetzen.“ Gauck verwies auf Dudas Ehefrau Agata, die in Krakau Deutsch unterrichtet an einem Gymnasium, das den Schüleraustausch mit Deutschland pflegt.
Zugleich wurde deutlich, dass Polen und Deutschland bei Schlüsselfragen wie dem Umgang mit Flüchtlingen, dem Krieg in der Ukraine und der Kooperation in der Nato „andere Akzente setzen“, wie Gauck sagte. Duda lehnte verbindliche Quoten für die Verteilung von Flüchtlingen auf die EU-Staaten in Berlin zwar nicht explizit ab, sagte aber, er setze auf „Prävention an den Fluchtorten“, auf Friedensbemühungen, wo heute Krieg tobe, und ein aktiveres Vorgehen gegen Schlepper. Praktische Vorschläge, wie Polen sich daran beteiligen werde, machte er nicht.
Kritik an mangelnder Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen
Er relativierte Äußerungen aus den Vortagen, wie groß Polens Belastung durch Flüchtlinge bereits sei. Die Kritik, dass Polen nur wenige tausend von den eine halbe Million Menschen aufgenommen habe, die die EU als Flüchtlinge registriert hat, und damit zu wenig Solidarität zeige, hatte Duda zurückgewiesen mit dem Hinweis, Polen erwarte eine sechsstellige Zahl von Kriegsflüchtlingen aus der benachbarten Ukraine. Das wäre eine ähnliche Größenordnung wie Deutschland, wo die Prognose für 2015 auf 800.000 erhöht wurde.
In Berlin stellte Duda klar, Polen habe „Tausende“ Ukrainer aufgenommen, das sei nicht vergleichbar mit dem Zustrom nach Deutschland. Gauck sagte, die Flüchtlinge „dürfen nicht das Problem einzelner Staaten sein“. Europa müsse sich zu einer „gemeinsamen Flüchtlingspolitik durchringen“. Alle EU-Mitglieder müssten ihren Beitrag leisten. Dazu gehöre „eine verbindliche Vereinbarung“, wie viele welches EU-Land aufnehme.
Duda verwies darauf, dass Polen Gastgeber des Nato-Gipfels 2016 sein werde und angesichts des russischen Verhaltens eine stärkere Präsenz des Bündnisses in den Staaten Ostmitteleuropas erwarte. Gauck betonte, man dürfe „keinen Zweifel zulassen, dass wir einvernehmlich handeln“ und die Nato ihre Mitglieder und die gemeinsamen Werte verteidige.
Duda forderte zudem mehr Aufmerksamkeit für die Rechte der Polen in Deutschland bei der Pflege ihrer Kultur und Sprache nach dem Nachbarschaftsvertrag. Dessen Unterzeichnung jährt sich 2016 zum 25. Mal. Er wolle gerne als Schutzpatron der deutschen Minderheit in Polen agieren, wenn Gauck für die „polnische Minderheit in Deutschland“ Sorge trage. Die angebliche Verweigerung der kulturellen Rechte der Polen in Deutschland war bereits ein Thema der PiS, als sie nach 2005 den Präsidenten und den Regierungschef in Gestalt der Zwillinge Lech und Jaroslaw Kaczynski stellte. Es waren nicht die besten Jahre in den deutsch-polnischen Beziehungen. Daher hat Dudas Wahl Befürchtungen eines Rückfalls ausgelöst. Duda ist eine Generation jünger als die Kaczynskis und hat seine PiS-Mitgliedschaft nach der Wahl aufgegeben, um „ein Präsident aller Polen“ zu sein.