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Auch im Kampfflugzeug Tornado, einem europäischen Gemeinschaftsprodukt, sind deutsche Bauteile wichtig.
© Axel Heimkem/dpa

Rüstungsexport-Stopp nach Saudi-Arabien: "Andere Länder werden sich nicht daran halten"

Was bedeutet die deutsche Entscheidung zur Verlängerung des Moratoriums für Europa? Ein Gespräch mit dem Sicherheitsexperten Gustav Gressel vom ECFR.

Herr Gressel, wie sehen wichtige EU-Partner die Entscheidung der Bundesregierung zur Verlängerung des Rüstungsmoratoriums für Saudi-Arabien?

Die Partner werden diese Entscheidung negativ bewerten. Denn die Bundesregierung nennt keine Alternativen zum Exportgeschäft. Für Frankreich, Großbritannien und andere geht es dabei nicht in erster Linie um Saudi-Arabien, sondern um den Erhalt ihrer Rüstungsindustrie und der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten, mit denen man Waffensysteme entwickeln kann. Dies muss finanziert werden, und wenn in Europa keine kritische Masse an Käufern besteht, diesen Industriezweig zu finanzieren, dann muss exportiert werden.  Die deutsche Debatte um Saudi-Arabien ist frustrierend für die übrigen EU Mitglieder weil der Stimmungsumschwung Deutschlands aus dem Nichts kam – es wurden keine langfristigen Kriterien, Strategien, oder Richtlinien entwickelt, anhand derer sich diese Entwicklung hätte ablesen lassen – und zweitens keine Alternative zur Exportfinanzierung aufzeigt. Die könnten darin bestehen, andere Märkte zu bedienen oder die eigene Nachfrage durch höhere Rüstungsausgaben zu steigen.

Wie wahrscheinlich ist es, dass Rüstungsfirmen in anderen EU-Ländern dem Appell der Bundesregierung folgen werden und bis Ende des Jahres keine „endmontierten Rüstungsgüter“ an Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate liefern?

Andere EU-Länder werden sich nicht an die deutsche Vorgabe halten. Der Appell ist ausschließlich an das deutsche Publikum gerichtet.

Gustav Gressel ist Senior Policy Fellow und Experte für Sicherheits- und Verteidigungspolitik beim Thinktank European Council on Foreign Relations.
Gustav Gressel ist Senior Policy Fellow und Experte für Sicherheits- und Verteidigungspolitik beim Thinktank European Council on Foreign Relations.
© ECFR

Was bedeutet die Entscheidung für die Aussichten auf eine stärkere Integration der EU im Verteidigungs- und Rüstungsbereich?

Es gab im Vorfeld in Großbritannien schon Diskussionen, ob man „deutschlandfreie“ Produkte als solche Ausweisen soll, um Kunden Kontinuität zu signalisieren. Man kann die Diskussion etwa mit der um die USA vergleichen. Auch Trumps recht freizügiges Verwenden von Sanktionen hat im Rest der Welt dazu geführt, dass man versucht die eigene Abhängigkeit von den USA so weit wie möglich zu reduzieren. Das ist im Falle Deutschlands freilich einfacher zu bewerkstelligen, da die deutsche Position im Rüstungs- und Verteidigungsbereich lange nicht so zentral ist wie die amerikanische.

Was wären nun bündnispolitisch sinnvolle Schritte?

Nur um klarzustellen: Ich möchte hier keine Lanze für Saudi-Arabien brechen. Das Königreich ist in vielen Dingen ein sehr, sehr problematisches Gegenüber. Aber Berlin schuldet den Europäern auch antworten auf mehrere Fragen: Nach welchen objektiven Kriterien werden Exportrestriktionen verhängt und wie werden andere EU Staaten in diese eingebunden? Sonst besteht die Gefahr, dasssich  jede  Firma in Europa abhängig von unvorhersehbaren Bundestagsdebatten macht. Die Sanktionen gegen Russland waren ein Beispiel, wo man die europäische Koordination gut hinbekommen hat. Außerdem geht es um die Frage, wie der europäischen Rüstungs- und Hochtechnologieindustrie eine dauerhafte Finanzierungs- und Marktsicherheit gewährt werden kann. Hier ist vor allem auch die deutsche Binnennachfrage gefragt: die Bundeswehr zu strangulieren und gleichzeitig den Export verbieten, das geht nicht. In einem der beiden Fälle muss die SPD nachgeben.

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