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Myanmars Staatsrätin und de-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi.
© Reuters/Jorge Silva/File Photo
Update

Myanmar: Amnesty entzieht Suu Kyi Ehrentitel "Botschafterin des Gewissens"

Myanmars Regierungschefin verliert eine weitere Auszeichnung: Aung San Suu Kyi habe Feindseligkeit gegen die Rohingya-Minderheit geschürt, sagt Amnesty.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat Aung San Suu Kyi die Auszeichnung „Botschafterin des Gewissens“ entzogen. Hintergrund ist der Umgang von Myanmars Staatsrätin mit der muslimischen Minderheit der Rohingya, wie es in einem zu Wochenbeginn veröffentlichten Brief heißt. Der internationale Generalsekretär von Amnesty, Kumi Naidoo, kritisiert darin, Suu Kyi habe die Werte, für die sie einst stand, in beschämender Weise verraten.

In dem Brief an Suu Kyi zeigte sich Generalsekretär Naidoo enttäuscht über die augenscheinliche "Gleichgültigkeit" der Friedensnobelpreisträgerin gegenüber den Gräueltaten des Militärs gegen die muslimische Minderheit in ihrem Land. "Heute sind wir zutiefst bestürzt, dass Sie nicht länger ein Symbol der Hoffnung, des Mutes und der unermüdlichen Verteidigung der Menschenrechte sind", schrieb Naidoo an die 73-Jährige. "Amnesty International kann Ihren weiteren Status als 'Botschafterin des Gewissens' nicht rechtfertigen, und deshalb entziehen wir Ihnen hiermit mit großem Bedauern diesen Titel."

Amnesty räumte zwar ein, dass die zivile Regierung in dem Land nicht die Kontrolle über das Militär habe. Suu Kyi und ihr Büro hätten sich aber schützend vor die Sicherheitskräfte gestellt, Berichte über Menschenrechtsverletzungen relativiert und internationale Ermittlungen behindert.

Der Informationsminister beklagt die "unfaire Behandlung Suu Kyis

Der Sprecher von Suu Kyis Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD), Myo Nunt, sagte der Nachrichtenagentur AFP, Amnestys Vorstoß verletze die "Würde" nicht nur der De-facto-Regierungschefin, sondern aller NLD-Mitglieder. "Alle diese Organisationen arbeiten für die Bengalis, die das Land verließen, um eine Staatsbürgerschaft zu bekommen", fügte der Sprecher hinzu und verwendete dabei eine diskriminierende Bezeichnung für die Rohingya.

Der Vize-Informationsminister Aung Hla Tun, äußerte sich betrübt und enttäuscht über die Entscheidung der Menschenrechtsorganisation. Die "unfaire" Behandlung Suu Kyis werde dazu beitragen, "dass die Menschen sie noch mehr lieben".

Seitdem Suu Kyi im April 2016 de facto zur Vorsitzenden der myanmarischen Regierung gewählt worden sei, sei die Regierung "direkt oder indirekt an einer Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen beteiligt" gewesen, so Amnesty weiter. Gegen die Rohingya habe die Regierung aktiv Feindseligkeit geschürt. "Dass sich Aung San Suu Kyi nicht für die Rohingya eingesetzt hat, ist ein Grund, warum wir ihren Status als Botschafterin des Gewissens nicht mehr rechtfertigen können", so Naidoo. Durch ihre Leugnung der Gräueltaten gebe es zudem wenig Aussicht auf eine Verbesserung der Situation.

Darüber hinaus seien Menschenrechtler und Journalisten in den vergangenen zwei Jahren in Myanmar vielfach festgenommen, bedroht oder schikaniert worden, kritisierte die Organisation. Die Regierung habe es zudem versäumt, repressive Gesetze aufzuheben.

Auch der Elie-Wiesel-Preis für Menschenrechte wurde aberkannt

Aung San Suu Kyi wurde 2009 von Amnesty zur „Botschafterin des Gewissens“ ernannt. Mit dem Titel "Botschafter des Gewissens" waren in der Vergangenheit unter anderen der inzwischen verstorbene südafrikanische Freiheitskämpfer und Präsident Nelson Mandela sowie der chinesische Künstler Ai Wei Wei geehrt worden.

Bereits im März 2018 war Suu Kyi eine andere Ehrung aberkannt worden: Damals entzog das US-Holocaust-Museum in Washington ihr den Elie-Wiesel-Preis für Menschenrechte. Grund war nach Angaben des Museums auch hier Suu Kyis Unfähigkeit, die seit Monaten andauernden ethnischen Säuberungen in Myanmar entschieden zu kritisieren oder gar zu stoppen. In einem Brief auf der Internetseite des Museums hieß es: "Wir hatten gehofft dass Sie, als jemand den wir und viele andere für Ihr Engagement für globale Menschenrechte gefeiert haben, etwas dafür tun würden, die brutale militärische Kampagne zu verurteilen und zu stoppen und Solidarität mit der betroffenen Rohingya-Bevölkerung zu bekunden." Zudem hatte Kanada Suu Kyi kürzlich die Ehrenstaatsbürgerschaft entzogen.

Suu Kyi war 2010 von der Militärregierung Myanmars aus ihrem 15 Jahre währenden Hausarrest entlassen worden. 2015 gewann die Partei Suu Kyis, die „Nationale Liga für Demokratie“ (NDL), die seit Jahrzehnten ersten freien Wahlen in Myanmar mit einem Erdrutschsieg. Bereits 1991 war die Tochter des Unabhängigkeitskämpfers Aung San für ihren Einsatz für Freiheit und Demokratie mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.

Seit August 2017 hat Myanmars Armee etwa 700.000 Rohingya über die Grenze nach Bangladesch vertrieben. Die Vereinten Nationen werfen Myanmar Kriegsverbrechen und Völkermord vor. Suu Kyi weist sämtliche Berichte über die an den Rohingya begangenen Grausamkeiten als Übertreibungen und „Fake News“ des Westens zurück. (KNA, AFP)

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