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Diesel-Affäre und Bayernwahl: "Am meisten profitieren werden die Grünen"

Der Politologe Marcus Debus erklärt im Interview, warum der Diesel-Kompromiss Union und SPD mehr schadet als nutzt.

Herr Professor Debus, vergangene Woche hat die Bundesregierung ihren Dieselkompromiss vorgelegt, um Einigkeit zu demonstrieren. Nützt das den Koalitionsparteien so kurz vor der Bayernwahl?

Das Ziel von Union und SPD war, Handlungsfähigkeit zu zeigen. Die Parteien wissen: Beim Wahlverhalten spielt es eine große Rolle, ob die Bürger ihnen die Lösung zentraler Probleme zutrauen. Je mehr Kompetenz die Wähler einer Partei zuweisen, desto größer ist ihre Chance an den Wahlurnen. Deshalb hat die Koalition den Dieselkompromiss vor der Landtagswahl in Bayern präsentiert – um einen guten Eindruck bei den Bürgern zu machen.

Der Diesel-Deal ist aber nicht viel wert. Schon streiten sich Union und SPD wieder darüber. Ist die Sache für die Groko-Parteien nach hinten losgegangen?

Das kann man so sagen. Empirische Untersuchungen zeigen, dass wenn eine Partei oder Koalition intern zerstritten ist, ihre Chance an den Wahlurnen sinkt. Wenn sich Union und SPD andauernd streiten, trauen ihnen die Wähler keine Problemlösungen mehr zu. Dass die Koalition erst einen Kompromiss vorlegt und ihn kurz darauf selbst zerpflückt, hinterlässt einfach kein gutes Bild.

Was sind die Auswirkungen auf die Bayernwahl?

Das Dieselproblem wird die Chancen für CSU und SPD sicher nicht steigern.

Marc Debus (39) ist Professor für Vergleichende Regierungslehre an der Universität Mannheim.
Marc Debus (39) ist Professor für Vergleichende Regierungslehre an der Universität Mannheim.
© Marc Debus

Profitiert am Ende wieder die AfD?

Die Oppositionsparteien werden dadurch gestärkt. Aber ob die AfD daraus Kapital schlagen kann, das ist nicht sicher. Am meisten profitieren werden die Grünen.

Warum?

Den Grünen wird vom Wähler bei den Themen Umweltschutz und Verkehrspolitik häufig eine sehr hohe Kompetenz zugebilligt. Die Grünen können daher das Dieselproblem für sich nutzen, um zusätzliche Wähler zu mobilisieren.

Wie groß ist der Schaden für das Ansehen von Union und SPD?

Die große Koalition hat ohnehin einen schlechten Ruf bei den Bürgern. Der Grund sind die zurückliegenden Streitigkeiten in der Migrations- und Integrationspolitik. Der Konflikt um den Diesel hat das noch verschärft. Das Problem ist, dass die Einigungen der großen Koalition nicht lange halten, selbst wenn sie im Koalitionsvertrag festgehalten sind. Es entsteht der Eindruck, dass die Regierung nicht mehr kompromissfähig ist.

Wie soll das nur weitergehen?

Die Frage ist, welche Schlüsse Union und SPD aus der Bayernwahl ziehen werden. Nehmen sie das Ergebnis zum Anlass, um aufeinander zuzugehen und neue Kompromisse zu suchen? Oder werden die Koalitionsparteien versuchen, ihr eigenes Profil in der Groko zu schärfen?

Was glauben Sie?

Die Parteien werden versuchen, sich stärker zu profilieren, um die zu erwartenden schlechten Wahlergebnisse wettzumachen. Für die Suche nach neuen politischen Kompromissen und die Handlungsfähigkeit der Regierung wäre das natürlich schlecht.

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