EU-Reform: Altmaier gegen Schuldenvergemeinschaftung in EU
Nach der Ansicht von Kanzleramtschef Peter Altmaier darf das von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron geforderte Euro-Zonen-Budget nicht zu einer Vergemeinschaftung der Schulden führen.
Kanzleramtschef Peter Altmaier gehört nicht nur zu denen, die zurzeit die Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition vorbereiten. Der CDU-Politiker präpariert sich auch inhaltlich für seine Aufgabe als kommissarischer Finanzminister. Wenn der bisherige Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) ins Amt des Bundestagspräsidenten wechselt, soll Altmaier vorübergehend dessen Posten übernehmen. Am Donnerstagabend skizzierte Altmaier bei einer Veranstaltung der Europäischen Bewegung Deutschland (EBD) in Berlin schon einmal, wie er sich die Antwort auf die weit reichenden Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur Reform der Euro-Zone und der EU insgesamt vorstellt. Dabei bekräftigte er zwar einerseits mit Blick auf Macrons Forderung zur Einrichtung eines Budgets für die Euro-Zone die Haltung der Bundesregierung, dass es „keine Schuldenvergemeinschaftung“ unter den Euro-Staaten geben dürfe. Gleichzeitig schloss er aber auch langfristig eine groß angelegte Reform der EU nicht aus.
Laudatio auf den SPD-Europaabgeordneten Jo Leinen
Die Rede Altmaiers galt eigentlich dem SPD-Europaabgeordneten Jo Leinen, dessen langjähriges europapolitisches Engagement am Donnerstagabend gewürdigt wurde. In seiner Laudatio ging der Kanzleramtschef, der wie Leinen aus dem Saarland stammt, aber auch auf Macrons europapolitische Grundsatzrede an der Sorbonne-Universität ein. Dort hatte Frankreichs Präsident einen umfangreichen Katalog von EU-Reformvorschlägen vorgelegt. Auch bei seinem Besuch in Frankfurt am Main anlässlich der Eröffnung der Buchmesse bekräftigte Macron zu Beginn dieser Woche, dass sich die Notwendigkeit eines eigenen Euro-Zonen-Budget irgendwann von selbst ergeben werde. Frankreichs Staatschef, der zudem einen eigenen europäischen Finanzminister fordert, stellt sich die Förderung von Investitionen auf Feldern wie der Energiewende und im Digitalbereich aus einem derartigen Haushalt vor.
Altmaier stellte nun die Frage, ob es bei den Überlegungen für einen europäischen Finanzminister lediglich um einen „Doppelhut“ gehen solle, mit dem die bestehenden Ämter des EU-Wirtschaftskommissars und des Euro-Gruppen-Chefs zusammengeführt würden. „Welches Geld hat er? Und wofür wird es ausgegeben?“, wollte Altmaier wissen. Letztlich gehe es bei der europäischen Zukunftsdebatte aber nicht um die Instrumente, sondern um eine Verständigung auf die politischen Inhalte, unterstrich er. Als Beispiel für sinnvolle Zukunftsinvestitionen nannte er das Feld der künstlichen Intelligenz, die derzeit von Internetriesen wie Google vorangetrieben wird. Altmaier stellte die Frage: „Warum schaffen wir es nicht, diese Innovation zu einer europäischen zu machen?“
Altmaier schließt grundlegendende Erneuerung der EU für die Zukunft nicht aus
Zu den Vorschlägen Macrons, die Altmaier befürwortete, gehörte die Idee des französischen Staatschefs, die EU-Kommission mit ihren derzeit 28 Frauen und Männern auf 15 Mitglieder zu verkleinern. Der Kanzleramtschef erinnerte daran, dass dies letztlich an einen Reformvorschlag aus der Vergangenheit anknüpfe, der aber am Widerstand kleinerer Länder wie Irland scheiterte. Altmaier ist mit europäischen Reformdebatten gut vertraut – denn er gehörte wie Jo Leinen vor über einem Jahrzehnt einem Konvent an, der seinerzeit eine EU-Verfassung erarbeitete. Das Vertragswerk scheiterte aber unter anderem 2005 am Widerstand der Franzosen, die sich bei einem Referendum dagegen aussprachen. Altmaier wollte am Donnerstagabend nicht ausschließend, dass sich langfristig wieder ein Konvent mit einer grundlegenden Neugestaltung der EU befassen werde, wie sie Macron offenbar anstrebt. In der Zwischenzeit müssten Reformen aber unterhalb der Ebene der EU-Vertragsänderung durchgeführt werden, so Altmaier.