zum Hauptinhalt
Gedenkzeremonie in Paris: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Bundeskanzlerin Angela Merkel, US-Präsident Donald Trump, First Lady Melania Trump.
© REUTERS

Gedenken an den 1. Weltkrieg: "Alte Dämonen werden zu neuem Leben erweckt"

Macron findet beim Weltkriegsgedenken deutliche Worte – Trump und Putin fallen auf jeweils ihre Weise aus der Rolle. Ein Bericht aus Paris.

Das Wetter spielte nicht mit. In Paris begann es ausgerechnet in dem Moment heftig zu regnen, als Präsident Emmanuel Macron und Frau Brigitte im Hof des Elyséepalastes Staats-und Regierungschefs aus aller Welt begrüßten. Macron hat zum Ende des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren eine Zeremonie der Superlative organisiert. Nach einer Tour durch Nord- und Ostfrankreich empfing er am Wochenende 70 Staats- und Regierungschef in Paris.

Am Samstag gab er ein Dinner im Musée d´Orsay, an dem vier französische Spitzenköche beteiligt waren. Die Eingeladenen, darunter Angela Merkel und Donald Trump mit Frau Melania, konnten sich die Picasso-Ausstellung ansehen, die im Museum gerade läuft. Am Sonntag empfing Macron zuerst im Elyséepalast, dann am Morgen zur fast zweistündigen Feier am Triumphbogen. Im Krieg von 1914 bis 1918 wurden fast neun Millionen Soldaten und mehr als sechs Millionen Zivilisten getötet. Der Waffenstillstand mit dem Deutschen Reich wurde am 11. November 1918 in der Nähe von Compiègne in Nordfrankreich unterzeichnet.

Bei der Zeremonie setzte Macron ein Zeichen: Es ging nicht um französische Truppen und den Triumph des Siegens, sondern um ein Zeichen des Friedens. Das wurde durch Musikdarbietungen und die Rede des Präsidenten unterstützt, der der Opfer des Krieges gedachte und darüber sprach, einen „Weg des Friedens“ einzuschlagen.

Manchmal scheine es, als würde die Geschichte wieder ihren tragischen Verlauf nehmen und den Frieden bedrohen, sagte Macron. Rückzug auf sich selbst, Gewalt und Beherrschung seien aber keine Lösung. Er kritisierte Nationen, die nur egoistisch an ihr eigenes Interesse denken. „Patriotismus ist das genaue Gegenteil von Nationalismus. Nationalismus ist sein Verrat.“ Alte Dämonen würden zu neuem Leben erweckt. Das führe zu Chaos und Tod.

Im Gedenken an die Soldaten, die im Ersten Weltkrieg für Frankreich gefallen sind, fachte Macron unter den Klängen von Ravels „Bolero“ die Ewige Flamme unter dem Triumphbogen symbolisch neu an. Neben der Kanzlerin und dem US-Präsidenten nahm auch der russische Präsident Waldimir Putin teil. Trump stand direkt neben Merkel und schüttelte ihr die Hand.

In Deutschland hingegen kritisierte AfD-Chef Alexander Gauland die Kanzlerin: "Ich halte es für falsch, Geschichte nachträglich umzuschreiben und sich an der Siegesfeier der damaligen Verbündeten nachträglich zu beteiligen."

Putin ließ alle warten - wieder einmal

Bei der Veranstaltung stand auch das Image von Emmanuel Macron auf dem Spiel. Seit Monaten fällt er in Beliebtheitsumfragen immer weiter ab. Seine Politik wird von vielen als „Politik für Reiche“ kritisiert, sein Image hat gelitten, weil er sich zu autoritär gibt. Nun konnte er sich wieder im Glanz eines großen Staatschefs zeigen, der die Welt eint.

Um 11 Uhr sollte die Zeremonie am Triumphbogen beginnen, doch es kam zu Verspätungen. Mit Bussen wurden die Gäste vom Elyséepalast aus Sicherheitsgründen alle zusammen zum Triumphbogen gefahren – ein Bild der weltweiten Einigung. Rund 10000 Sicherheitskräfte beschützten Paris an dem Tag. Die Feier um den Triumphbogen war weiträumig abgesperrt. Nur zwei Spitzenpolitiker scherten aus dem Bild aus. Donald Trump fuhr in seiner Limousine allein zum Triumphbogen – auch aus Sicherheitsgründen, hieß es. Und Wladimir Putin kam aus Moskau zu spät – wieder mal. Alle mussten auf ihn warten, Macron, Trump und Merkel. Putin hatte auch das Dinner am Vorabend geschwänzt.

Einigkeit? Nein, getrennte Wege zeichnen das Bild. Die Lehren aus den Weltkriegen, die Macron und Merkel hervorheben wollten, werden konterkariert von eitel nationalistischen Alleingängen. Von Trump, von Putin, aber leider auch von den Briten.

schreibt NutzerIn Gophi

Die Zeremonie verdeutlichte die Spannung mit Trump. Macron hatte sich vor einigen Tagen erneut für eine europäische Armee ausgesprochen. Trump fand das „beleidigend“, er sprach über Twitter von einer Armee, die Macron zum Schutz vor den USA, China und Russland aufbauen wollen. Macron versuchte dann versöhnliche Töne, sprach von einer besseren Kostenverteilung innerhalb der Nato. Doch das reichte Trump offenbar nicht: Sein Präsidentenfahrzeug „The Beast“ fuhr mitten in den Hof des Elysées, die Abgase umhüllten ihn und das französische Präsidentenpaar.

Trump erklärte auch, dass er nicht zum Friedensforum am Sonntag nachmittag in Paris kommen wollte und stattdessen lieber einen amerikanischen Soldatenfriedhof bei Paris besuchen will. Ein klares Zeichen: Die multilaterale Vision der Zusammenarbeit zwischen den Nationen teilt er nicht, er denkt national. Das Ausscheren von Trump und Putin wurde in den französischen Medien vielfach thematisiert. Es störte das Bild der Einigung, das Macron an diesem Tag bieten wollte. Eigentlich wollte Trump schon am Vortag einen amerikanischen Militärfriedhof besuchen, doch das Wetter war zu schlecht. Im Friedensforum war vorgesehen, dass Kanzlerin Merkel mit einer Rede beginnt. Macron wollte nach dem Gedenken ein Zeichen für die Gegenwart setzten und vor Nationalismus und Populismus warnen. Britische Spitzenpolitiker waren bei der Zeremonie nicht vertreten. Sie hatten ihre eigene Feier.

Zur Startseite