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Ungehalten und glücklos. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer.
© Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild

Krach in der CDU: AKK löst Streit um CO2-Steuer aus

Annegret Kramp-Karrenbauer lehnt eine Abgabe für Kohlendioxid grundsätzlich ab. Vorschnell, wie viele in ihrer Partei kritisieren.

Annegret Kramp-Karrenbauer ist ungehalten. Man hört das ihrer Stimme an, als die CDU-Chefin am Montagfrüh im Deutschlandfunk erklären soll, wie die CDU denn nun zu einer CO2-Steuer steht. Das ist schon in der Sache eine komplizierte Frage. Aber die Christdemokraten sind dabei, sich darin obendrein politisch heillos zu verheddern. Die Chefin erklärt die Klimasteuer zum Instrument für Denkfaule, ihr Vize Armin Laschet erklärt es daraufhin für falsch, „einfach Nein zu sagen“, ihr Fraktionschef Ralph Brinkhaus verwahrt sich gar gegen „Denkverbote“ – die CDU erscheint zerstritten und konfus.

Ausgelöst hat den Konflikt die Chefin selbst. Am Samstag beim CDU-Landesparteitag in Halle wetterte Kramp-Karrenbauer gegen Leute, die eine CO2-Steuer zum Allheilmittel der Klimapolitik erklärten – gemeint war Umweltministerin Svenja Schulze von der SPD. Sie sei davon überzeugt, dass es intelligentere Methoden gebe, als einfach nur Benzin, Diesel, Heizöl und Gas stärker zu belasten ohne Rücksicht auf Pendler und „kleine Leute“, die das besonders treffen würde.

Das war nicht einmal neu. Schon als sich die CDU-Spitze vor einer Woche erstmals mit einem Papier zur Klimapolitik für die Vorstandsklausur Anfang Juni befasste, erklärte Generalsekretär Paul Ziemiak danach simple Preisaufschläge etwa auf Benzin „um der reinen Steuererhöhung willen“ für falsch. Doch die Berichte über Kramp-Karrenbauers Auftritt erweckten den Eindruck, dass sie höhere Steuern generell verwerfe und nur noch über alternative Instrumente reden wolle, um Luftverschmutzung teurer zu machen, etwa eine Ausweitung des Zertifikatehandels von der Industrie auf andere Bereiche vom Heizen bis zum Verkehr.

Tatsächlich ging die Debatte im CDU-Präsidium vorige Woche in diese Richtung. Kramp-Karrenbauer erinnert am Montagfrüh mit leicht bissigem Unterton daran, dass Laschet wie Brinkhaus dabei gewesen seien, als die CDU-Spitze höhere Steuern auf Mineralöl nicht zum „Mittel erster Wahl“ erklärt, sondern sich für eine breite Diskussion über alle möglichen Instrumente ausgesprochen habe. „Das heißt, wir setzen gerade keine Denkverbote“, verteidigte sich die CDU-Chefin. Überdies sei die parteiinterne Debatte erst am Anfang.

Selbst erschaffener Popanz

Das stimmt so weit, lässt allerdings zwei Dinge außer Acht. Erstens denkt kein Mensch, auch nicht die SPD-Umweltministerin, bei der CO2-Steuer an schlichte Preisaufschläge. Alle ernsthaften Klimasteuervorschläge in der weltweiten Debatte ähneln vielmehr jenem Schweizer Modell, das Laschet am Sonntag im „Bericht aus Berlin“ als denkbares Vorbild lobt: auf der einen Seite Steueraufschläge für Luftverschmutzungen – die aber auf der anderen Seite den Bürgern zurückgegeben oder gezielt in Klimaschutz investiert werden.

Kramp-Karrenbauers Absage an Steuererhöhungen ohne Ausgleich richten sich also gegen einen selbst erschaffenen Popanz. Damit aber droht die CDU in der Klimadebatte, zweitens, jetzt schon als bloßer Verhinderer dazustehen. Befördert wird dieser Eindruck durch den Umstand, dass Konservative und Wirtschaftsliberale in der Union das Wort „Steuer“ inzwischen praktisch zum Unwort erklärt haben, sofern ihm nicht sofort der Zusatz „...senkung“ folgt.

Das Nein zur CO2-Steuer wirkt deshalb weniger inhaltlich als rein ideologisch begründet. Die Blickverengung geht schon so weit, dass Ziemiak vorige Woche formulierte: „Was wir wollen, sind marktwirtschaftliche Instrumente“ – ganz so, als stammten Steuern als Lenkungsinstrument aus dem Arsenal des Sozialismus. Dass Laschet diese Sichtweise für „falsch“ und eine CO2-Steuer unter bestimmten Bedingungen für sehr wohl denkbar erklärte, ist offenbar auch Teil der Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Parteiflügeln.

Bist Du dafür oder dagegen?

Kramp-Karrenbauer selbst legte am Montag nach. Es wundere sie beim Thema CO2, „wie schnell wir auf nationale Lösungen gehen“, sagte die Parteichefin bei einer „Handelsblatt“-Veranstaltung. „Wenn es ein Thema gibt, das aus meiner Sicht wirklich global und europäisch angegangen werden muss, dann ist es das Thema unserer gemeinsamen Anstrengungen gegen den Klimawandel.“ Die Union lege den Schwerpunkt auf Emissions- und Zertifikatehandel sowie steuerliche Unterstützung und Anreize; bis zum Frühsommer solle ein Vorschlag vorliegen.

Die Frage ist nur, ob es bis dahin nicht längst zu spät ist, um noch gehört zu werden. In der CDU-Zentrale wird besorgt registriert, dass die komplizierte Klimadebatte sich in der Öffentlichkeit auf die plakative Frage „Bist du für oder gegen die CO2-Steuer?“ zu verengen droht. Kramp-Karrenbauer versucht gegenzuhalten. Die CDU wolle die Klimaziele doch auch „über die Steuerungswirkung des Preises“ erreichen, versichert sie.

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