Reise der Kanzlerin nach Mali, Äthiopien und Niger: Afrikapolitik ist Weltinnenpolitik
Wenn sich in Afrika nicht (schneller) etwas ändert, werden die Menschen dort nicht bleiben wollen. Deutschland muss da mehr leisten. Ein Kommentar.
Angela Merkel, die Bundeskanzlerin, bereist Afrika. Drei Tage. Ist diese Zeitspanne ausreichend, unter allen Umständen, den politischen, ökonomischen, kulturellen?
Das ist Afrika: nicht nur ein Kontinent der Verheißung, die Millionen als Touristen lockt, weil Flora und Fauna ihresgleichen suchen und die Diversität ohnegleichen ist. Afrika, Wiege der Menschheit, bestimmt darüber hinaus unser aller Schicksal mit. Was dort politisch geschieht oder eben nicht geschieht, wird Auswirkungen haben, die weit über dieses Jahrhundert hinausreichen. Im Positiven wie im Negativen.
Die Verflechtungen sichtbar zu machen, sie dann aber auch wahrhaben zu wollen, ist eine aktuelle Aufgabe, um gemeinsam eine gute Zukunft gestalten zu können. Einer, der das vor vielen anderen gesehen und erklärt hat, ist Horst Köhler. Bundespräsident war er, Direktor des Internationalen Währungsfonds auch, und in beiden herausgehobenen Funktionen hat er um erhöhte Aufmerksamkeit für Afrika geworben. Die Verwunderung der sogenannten politischen Klasse darüber war zuweilen groß, die der Ökonomen etwas kleiner. Immerhin verkennen die das Potenzial des Kontinents nicht.
Wenn es eines Indikators für das Potenzial bedürfte, in der Politik Chinas ist er zu finden. Wer die Führung in Peking über die vergangenen Jahre im Blick behalten hat, der weiß: Es sind gewiss nicht Naivität oder Romantizismus, die sie zu ihrem Engagement gebracht haben, sondern kühle Kalkulation. So ist es dann ein Engagement in vielerlei Hinsicht geworden, verbunden auch mit politischer Beratung, um ökonomisch noch besser den eigenen Vorteil suchen zu können. Wo immer sich Bodenschätze sichern lassen, China ist schon da. Europa, Deutschland kommt spät.
Sich engagieren heißt auch, die Welt zum eigenen Vorteil entwickeln
Aber neben dem ökonomischen Wettbewerb ist vor allem verstärkter Dialog mit den Staaten Afrikas nötig, auf politischer wie auf zivilgesellschaftlicher Ebene. Die Entwicklung dort zum Positiven voranzutreiben, wohlgemerkt nachhaltig, in neuen, konkreten Projekten, heißt auch, die Welt zum eigenen Vorteil zu entwickeln.
Es ist das umgekehrte Beispiel, das deutlich macht, um was es geht: Entwickelt sich Afrika nicht (schneller) weiter zu Bürgergesellschaften mit sozialer Marktwirtschaft, werden die Menschen dort nicht bleiben wollen, viele auch nicht bleiben können. Sie werden zu Abertausenden, wenn nicht Millionen vor den Verhältnissen fliehen – zuerst nach Europa. Denn leben heißt nicht nur überleben. Und selbst das ist in Afrika oft schwierig.
Anders gesagt: Afrika ist eine Region der Weltinnenpolitik, von der ein anderer Bundeskanzler, Willy Brandt, vor Jahrzehnten schon sprach. So lange hat die Einsicht gebraucht, dass die Welt auch nur ein Ort ist, und so lange die Erkenntnis, dass sie sich nicht auch noch in einem Nord-Süd-Konflikt verfangen darf.
Deutschland muss jetzt mehr leisten. Ökonomisch, weil der Anteil der Entwicklungshilfe gemessen am Bruttonationaleinkommen hierzulande längst viel höher sein dürfte; politisch, weil das Engagement der Bedeutung der Aufgabe angemessen sein sollte. Beides zusammen verspräche dann eine größere Rendite. Da sind drei Tage eine geringe Investition. Und ein Besuch in Mali, Niger und Äthiopien nur ein Anfang.
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