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Neuer Versuch: Bei einem Parteitag Ende Januar will Bernd Lucke erneut alleiniger Parteichef werden.
© dpa

Alternative für Deutschland: AfD steht vor einem Machtkampf um die Führung

Die "Alternative für Deutschland" galt nicht wenigen als die neue Hoffnung, doch in der Partei brodelt es. Bernd Lucke will schon wieder alleiniger Parteichef werden. Wie steht es um die AfD? Fällt sie in einen Ost- und Westteil auseinander?

Vor einem Jahr noch ging es der AfD-Spitze vor allem darum, Geschlossenheit zu demonstrieren. Es gebe keinen Richtungsstreit, hieß es stets, wenn parteiinterne Zwistigkeiten publik wurden. Wenn einzelne Landesverbände negative Schlagzeilen produzierten, sei dies allenfalls auf „Querulanten in den eigenen Reihen“ zurückzuführen, betonte Parteichef Bernd Lucke wieder und wieder. Längst haben „persönliche Unverträglichkeiten“ (Parteivize Alexander Gauland) den AfD-Vorstand erreicht. Dies zeigt sich nicht nur im Umgang miteinander.

Auch die Diskussion um Themen wie „Pegida“ oder das Verhältnis zu Russland ist geprägt davon. Nicht zuletzt steht die AfD vor einem Machtkampf um die Führung: Lucke, neben Konrad Adam und Frauke Petry bisher formal nur einer von drei Parteisprechern, hält an seinem Plan fest, alleiniger Parteichef zu werden – obwohl er damit bereits im Frühjahr auf einem Parteitag in Erfurt gescheitert war. Bei einem Satzungsparteitag Ende Januar in Bremen will er einen neuen Anlauf nehmen.

Doch der Widerstand ist seitdem nicht kleiner geworden – im Gegenteil. Vor allem Gauland spielt inzwischen eine starke Rolle – beflügelt vom Wahlerfolg in Brandenburg und auch mit Unterstützung anderer ostdeutscher Landesverbände. „Die thematische Verbreiterung im Osten sollte nicht durch eine personelle Verengung an der Spitze rückgängig gemacht werden“, sagte er dem Tagesspiegel. „Ein Mann allein“ könne nicht für unterschiedliche Strömungen stehen. Ein Seitenhieb auf Lucke, der Gaulands Russlandpolitik kritisch sieht und auch in der Zuwanderungspolitik ein kleines bisschen moderater auftritt. Gauland hat sich mit seinem Besuch der „Pegida“-Demonstration in Dresden deutlich positioniert, auch wenn er dies nach wie vor nur als Erkundung vor Ort verstanden wissen will.

Die Rede von Bernd Lucke soll unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden

Vieles wird auf dem Parteitag davon abhängen, welche Mitglieder nach Bremen fahren. Zum Ärger der Führung hatten die Mitglieder auf der Versammlung in Erfurt beschlossen, auch den nächsten Satzungsparteitag nicht als Delegierten-, sondern als Basistreffen abzuhalten. Lucke soll intern bereits damit gedroht haben, im Falle einer Beibehaltung der Dreierspitze nicht noch einmal beim turnusmäßigen Wahlparteitag im April zu kandidieren. Dass er den Ausgang des Machtkampfes selbst für ungewiss hält, zeigt ein pikantes Detail: Die Rede Luckes soll unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Prominente innerparteiliche Kritiker wie der Gründer der früheren Hamburger Statt-Partei, Markus Wegner, halten dies für satzungswidrig und haben in einem Brief Widerspruch angekündigt.

Unpraktikabel ist Luckes Vorstoß ohnedies, denn unter hunderten anwesenden Parteimitgliedern dürfte der ein oder andere seine Smartphone-Kamera mitlaufen lassen. Der Vorsitzende eines großen Landesverbands im Westen schätzt Luckes Erfolgschancen nur auf 50:50. Zudem verliert einer der wichtigsten Unterstützer für Luckes eher westorientierten, verhältnismäßig moderaten Kurs an Unterstützung von der Basis: Parteivize Hans-Olaf Henkel wird bei dem Parteitag wegen einer USA-Reise womöglich nicht einmal anwesend sein, bei Sitzungen des Bundesvorstandes soll er ohnehin oft fehlen. Von Auftritten Henkels in dessen Geburtsstadt Hamburg hatte sich die AfD im Herbst noch Rückenwind für die Bürgerschaftswahl am 15. Februar versprochen.

Gauland und Frauke Petry ziehen AfD in nationalkonservative Richtung

Vertreter des konservativen Flügels wie Gauland oder Parteisprecherin Frauke Petry dürfte ein Abgang Henkels wenig schmerzen. Allerdings würde es die Partei noch eindeutiger in eine nationalkonservative Richtung ziehen, sollten Henkel und Lucke gleichzeitig aus der ersten Reihe verschwinden. Gut möglich, dass die AfD mit einer solchen Ausrichtung allenfalls als Regionalpartei im Osten überlebt. Sollte die Partei in Hamburg und Bremen an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, dann dürfte sich zumindest die Frage stellen, ob die Partei mit einem antiliberalen Kurs im Westen Erfolg haben kann.

Neben Petry wird in der AfD der einstmals bei Lucke in Ungnade gefallene Europaabgeordnete und NRW-Landesvorsitzende Marcus Pretzell als potenzielle Führungsfigur gesehen. Pretzell war früher in der FDP, präsentiert sich inzwischen aber auch als Teil der konservativen Mehrheit. Auffallend ist der Spagat, den Petry, die bei einer alleinigen Führung durch Lucke entmachtet würde, in Sachen „Pegida“ vollbringt. Einerseits lud sie die Organisatoren der Demonstration zu einem Gespräch im Januar ein. Andererseits verwies sie bei der Frage, warum sie selbst nicht bei „Pegida“ gewesen sei, auf Termingründe. So, als ob sie es jedem Recht machen will.

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