WhatsApp-Affäre: Afd nach geleakten Chatprotokollen unter Druck
Deutschland den Deutschen“ oder eine faktische Abschaffung der Pressefreiheit: Die veröffentlichten Chat-Protokolle der AfD in Sachsen-Anhalt setzen die Partei unter Druck. Sie bricht in Umfragen auch in ihren Hochburgen ein.
Die Veröffentlichung interner Chat-Protokolle von AfD-Politikern mit nationalistischen Äußerungen bringen die Partei in Bedrängnis. Der rechtsnationale Landeschef und Bundesvorstandsmitglied André Poggenburg kündigte beim MDR Sachsen Anhalt am Mittwoch an, es werde geprüft, welche der Äußerungen nicht mit dem Programm der Partei in Einklang zu bringen seien. Betroffene Mitglieder würden dann mit einem Schreiben darauf hingewiesen. Dass interne Gespräche und Diskussionen nach Außen dringen, hält er auch in Zukunft für möglich. Politiker anderer Parteien kritisieren die veröffentlichen Aussagen heftig.
Die im Internet veröffentlichten WhatsApp-Protokolle dokumentieren etwa die Aussage Poggenburgs „Deutschland den Deutschen“. Ein weiteres Parteimitglied fordert darin faktisch die Abschaffung der Pressefreiheit - und erntet dafür keine inhaltliche Kritik. Politiker anderer Parteien sprachen von einem Offenbarungseid der Rechtspopulisten. Sachsen Anhalt prüft unterdessen eine Beobachtung des Landesverbands durch den Verfassungsschutz.
Poggenburg steht zu seiner Äußerung
Neben allerlei „Geschmacklosigkeiten“ fänden sich auch „Aussagen, die durchaus als programmatische Ansagen verstanden werden müssen“, erklärte die stellvertretende Landesvorsitzende der Linken in Sachsen-Anhalt, Henriette Quade, am Mittwoch in einer Mitteilung. Sie bezeichnete die Partei als „rechtsextremen Wahlverein“. Die Grünen-Fraktionschefin im Landtag, Cornelia Lüddemann, nannte die Äußerungen als „Schande für das Parlament“.
Dass derartige Äußerungen über die Pressefreiheit in einer Gruppe von 200 Teilnehmern unwidersprochen blieben, sage alles über das Rechtsverständnis der AfD, sagte Landtagsvizepräsident Wulf Gallert von der Linkspartei. Mehrere Medien griffen das Thema unter dem Schlagwort „AfD-Leaks“ auf, der TV-Satiriker und Grimme-Preisträger Jan Böhmermann sprach auf Twitter von „durchgeknallten WhatsApp-Gesprächen“.
Poggenburg teilte mit, er stehe zu seiner Aussage „Deutschland den Deutschen“ und könne daran nichts Anstößiges erkennen: „Selbstverständlich sollte ein Land denen „gehören“, die dort lange ansässig sind, die über Jahrzehnte oder sogar viele Generationen dort Wurzeln geschlagen und sich in den Staat eingebracht haben.“
Schlechte Umfragen für die AfD
Die AfD schwächelt zum Teil auch auf Landesebene in der Wählergunst: In einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) rutschte die Partei vor allem in Sachsen-Anhalt deutlich ab. Wenn am Sonntag Landtagswahl wäre, käme die AfD dort nur noch auf 13 Prozent.
Bei der Wahl im März 2016 hatte die Partei 24,2 Prozent der Stimmen geholt. Zuletzt machte die AfD in Sachsen-Anhalt um ihren Partei- und Fraktionschef André Poggenburg durch innerparteiliche Querelen und drei Austritte aus der Landtagsfraktion Schlagzeilen.
In Thüringen erreicht die AfD ebenfalls 13 Prozent. Noch Ende 2016 lag die Partei, die im September 2014 mit 10,6 Prozent in den Erfurter Landtag eingezogen war, in einer Umfrage sogar bei 21 Prozent.
In Sachsen, wo die AfD im August 2014 mit 9,7 Prozent erstmals in einen Landtag einzog, bleibt die Partei nach der MDR-Umfrage trotz innerparteilicher Auseinandersetzungen mit 21 Prozent zweitstärkste Kraft hinter der CDU. In einer Umfrage Ende 2016 kam sie auf 25 Prozent. Landes- und Bundeschefin Frauke Petry ist allerdings auch im eigenen Landesverband umstritten.
In Brandenburg lag die AfD nach einer zuvor von RBB veröffentlichten Infratest-dimap-Umfrage bei 15 Prozent. Im Bund sahen Umfragen die AfD, die im September in den Bundestag einziehen will, zuletzt bei sieben bis acht Prozent.
Die CDU ist in der MDR-Umfragen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen derzeit mit Werten zwischen 37 und 41 Prozent mit Abstand stärkste Kraft, schneidet aber deutlich schwächer ab als im Bund. Auffällig ist die Schwäche der SPD in den drei Ländern. Die Partei, die dort überall mitregiert, erreicht nur Werte zwischen zehn und 13 Prozent. Befragt wurden vom 12. bis 17. Juni jeweils tausend Wahlberechtigte. (dpa/AFP)