Nach dem Massaker in den USA: AfD missbraucht Morde von El Paso
Ein AfD-Bundestagsabgeordneter hetzt nach dem Angriff von El Paso gegen SPD-Vize Ralf Stegner. Der Verfassungsschutz ist alarmiert.
Die AfD bringt sich nach dem Massaker in El Paso selbst ins Visier des Verfassungsschutzes. Martin Reichardt, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender rechtspopulistischen Partei in Sachsen-Anhalt, hat bei Twitter mit einer harten Provokation auf das Entsetzen des SPD-Vizevorsitzenden Ralf Stegner über den mutmaßlich rassistischen Anschlag in der texanischen Stadt reagiert.
Stegner schrieb in einem Tweet: „Wieder so ein schrecklicher Amoklauf in Texas. Das hat natürlich nie was mit der leichten Verfügbarkeit von Waffen zu tun.....sagt die Waffenlobby....und auch der Präsident“. Der AfD-Mann konterte in seinem Tweet: „Wieder mehrere schreckliche Verbrechen von Tätern nicht (deutscher) Herkunft“. Das Wort „deutscher“ ist durch eine schwarz-rot-goldenes Fahne ersetzt.
Reichardt macht zudem die SPD und Stegner für die Verbrechen, die er nicht konkret nennt, mitverantwortlich. „Das hat natürlich nichts mit unkontrollierter Masseneinwanderung, fehlenden Grenzkontrollen und fehlender Abschiebung krimineller Ausländer zu tun.... sagt die Migrationslobby... und die #Spd @Ralf_Stegner“, schrieb der AfD-Abgeordnete. Weitere Rechte reagierten mit Hasspostings. Stegner wird als „ekelhafte linke Zecke“ beschimpft.
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, verurteilt die Hetze des AfD-Abgeordneten gegen Stegner und die SPD. Rechter Terror wie in El Paso „wird derzeit durch politische Brandstifter befeuert, die regelmäßig und ganz offen an rassistische Gefühle appellieren“, sagte Lischka, „nicht nur in den USA, sondern auch in Europa und in Deutschland“.
Reichardts Tweet sei wieder ein Beleg für die fremdenfeindliche Strategie der AfD, die Migration als alleinige Ursache für gesellschaftliche Probleme zu setzen, sagte ein hochrangiger Sicherheitsexperte. Die Partei liefere dem Verfassungsschutz ein weiteres Argument, sie vom Prüffall zum Verdachtsfall hochzustufen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hatte im Januar die AfD als „Prüffall“ eingestuft. BfV-Präsident Thomas Haldenwang sagte damals, es lägen „erste tatsächliche Anhaltspunkte für eine gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgerichtete Politik der AfD vor“.
Verbindungen nach Deutschland werden untersucht
Einen Schritt weiter ging das Bundesamt bei den AfD-Vereinigungen „Junge Alternative“ und „Der Flügel“. Sie wurden als Verdachtsfall bewertet. Für das BfV gibt es bei beiden „hinreichend gewichtige Anhaltspunkte“ für eine extremistische Bestrebung. Bei einem Verdachtsfall kann der Verfassungsschutz auch nachrichtendienstliche Mittel wie den Einsatz von V-Leuten anwenden. Dem Szenario kommt offenbar auch die Gesamtpartei AfD näher.
Offen bleibt, ob der Attentäter von El Paso, Patrick Crusius, Kontakte zu deutschen Rechtsextremisten unterhielt. Mögliche Verbindungen würden von Polizei und Verfassungsschutz untersucht, sagten Sicherheitskreise. Sie verwiesen auf den Fall des australischen Massenmörders Brenton Tarrant, der im März in Neuseeland in zwei Moscheen 51 Menschen erschossen hatte. Nur wenige Wochen nach dem Massaker kam heraus, dass Tarrant dem Anführer der rassistischen Identitären Bewegung in Österreich und Deutschland, Martin Sellner, 1500 Euro gespendet hatte.
Crusius hatte am Sonnabend in einer Filiale der Supermarktkette Walmart auf Kunden und Personal gefeuert. 20 Menschen starben, 26 weitere wurden verletzt. Der 21-jährige Attentäter ergab sich der herbeieilenden Polizei. Zwei Todesopfer sind junge Eltern, die mit ihren Körpern das zwei Monate alte Baby schützten. Es überlebte verletzt.
Das FBI stuft den Anschlag als Terror und Hassverbrechen ein. Mutmaßlich Crusius hatte kurz vor der Tat auf der Internetplattform „8chan“ ein Manifest mit Hassparolen gegen lateinamerikanische Einwanderer gepostet. In dem Papier wird zudem Brenton Tarrant unterstützt.
Der Amoklauf eines Schützen in Dayton im US-Bundesstaat Ohio, zwölf Stunden nach dem Massaker in El Paso, war offenbar nicht politisch motiviert. Der Täter Connor B. erschoss seine Schwester und acht weitere Menschen, dann tötete ihn die Polizei. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach den Opfern in El Paso und Dayton in einem Telegramm an US-Präsident Donald Trump ihr Beileid aus.