Zentralratspräsident Josef Schuster: "AfD könnte auch gegen Juden Stimmung machen"
Momentan mache die AfD vor allem Stimmung gegen Muslime, sagt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden. Doch wenn es opportun sei, könne es künftig auch Juden treffen.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, befürchtet, dass die AfD in Zukunft Stimmung gegen Mitglieder seiner Religionsgemeinschaft machen könnte. „Es ist eine Partei, die gegen Minderheiten Stimmung macht“, sagte er dem Tagesspiegel. Im Moment seien das vorwiegend Muslime. „Ich bin aber überzeugt: Wenn das Thema Muslime nicht mehr interessant sein sollte und es wäre zudem politisch wie gesellschaftlich opportun, dann könnte es sehr wohl andere Minderheiten treffen. Dazu zähle ich auch Juden.“ Schuster erklärte, es bedrücke ihn, dass Umfrageinstitute einen Einzug der AfD in den Bundestag mit mehr als zehn Prozent für möglich halten. „Ich hätte mir vor vier, fünf Jahren nicht vorstellen können, dass einer rechtspopulistischen Partei in Deutschland ein zweistelliges Ergebnis vorausgesagt wird.“
Schuster beobachtet einen Alltagsrassismus in Deutschland, der zu wenig problematisiert werde. „Wir hatten in der deutschen Bevölkerung in den vergangenen Jahrzehnten konstant 20 Prozent, die antijüdische Ressentiments haben.“ Vor einigen Jahren habe eine Untersuchung ergeben, dass jeder vierte Deutsche keinen jüdischen Nachbarn haben will. „Dieses Gedankengut sei tief verwurzelt bei einem Teil der Bevölkerung. Ich bin nicht so optimistisch, zu glauben, dass sich daran etwas ändern wird.“
Sanktionen bei Verstößen gegen deutsche Werte
Auch der Antisemitismus unter einigen Flüchtlingen und Muslimen macht Schuster Sorgen. Bisher sei zwar keine signifikante Zahl von antisemitischen Übergriffen durch Flüchtlinge zu beobachten. Das heiße aber nicht, dass Juden aufatmen könnten. Derzeit seien die Flüchtlinge damit beschäftigt, sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen. „Aber was ist dann? Schon heute ist zu hören, dass zwar in den Integrationskursen deutsche Werte und die deutsche Geschichte vermittelt werden, aber in den Kursen die Zeit dafür sehr knapp bemessen ist.“ Abends säßen dann vermutlich viele arabischstämmige Flüchtlinge vor dem Fernseher und nutzten arabische Sender, in denen antisemitische Vorurteile verbreitet würden. Daher müsse die Wissensvermittlung in den Integrationskursen etwa „über die Schoa oder über Israel verbessert werden“, sagte Schuster.
Der Zentralratspräsident fordert außerdem Sanktionen für Flüchtlinge, die gegen deutsche Werte verstoßen. „Wer unsere gesellschaftlichen Normen massiv verletzt, dem muss man ein deutliches Zeichen setzen“, sagte er. Zu solchen Verstößen zählt Schuster etwa antijüdische Äußerungen oder Unterdrückung von Frauen. „Das heißt nicht gleich Abschiebung. Aber es muss schon eine Sanktionierung sein, die eventuell auch ein gewisses abschreckendes Potenzial hat“, sagte er. Schuster könnte sich etwa eine Streichung oder Kürzung von bestimmten Sozialleistungen vorstellen. Er fordert außerdem, dass bei Straffälligkeit „die Gesetze konsequent angewendet werden“.
Maria Fiedler, Christian Böhme