zum Hauptinhalt
Vor 30 Jahren hat die damalige Bundesregierung entschieden, den Salzstock in Gorleben unterirdisch erkunden zu lassen. Aus der Erkundung wurde ein relativ großzügiger Ausbau. Einer der vielen Gründe, warum der Protest gegen das Endlagerbergwerk bis heute nicht erlahmt ist.
© dapd

Atomendlager: Abschaltung der Atombehörde, Teil II

Bundesumweltminister Norbert Röttgen versucht wieder einmal, das Bundesamt für Strahlenschutz zu entmachten.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) unternimmt zum zweiten Mal in seiner Amtszeit den Versuch, den Präsidenten des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS), Wolfram König, zu entmachten – ohne ihn zu entlassen. Dieses Mal will Röttgen dem BfS ein neues Bundesinstitut für Endlagerung vor die Nase setzen, das die wissenschaftlichen Kriterien für ein Atomendlager entwerfen, die möglichen Standorte auswählen, die Öffentlichkeit beteiligen und das Ganze am Ende genehmigen soll. Bis auf die Genehmigung wurden diese Aufgaben bisher, beispielsweise im Fall des Skandalendlagers Asse, vom BfS erfüllt. (Den vollständigen Gesetzentwurf können Sie hier lesen.)

Im Zuge der Atomrechtsnovelle zur Laufzeitverlängerung im Herbst 2010 wollte Röttgen das BfS schon einmal entmachten. Damals wollten die Atomkraftbefürworter im Umweltministerium die Verantwortung für den Betrieb der Endlager den bundeseigenen Energiewerken Nord (EWN) übertragen, die das Zwischenlager Lubmin betreiben. Im Gesetzentwurf entfiel dieser Passus.

Die EWN, für die das Bundesfinanzministerium zuständig ist, sind für den Rückbau der DDR-Atomkraftwerke und der Kernforschungszentren in Jülich und Karlsruhe verantwortlich – und damit der größte Besitzer von Atommüll in Deutschland. Im nun bekannt gewordenen Entwurf für ein Endlagersuchgesetz kommt das BfS als Betreiber der Endlager nicht vor, stattdessen ist von einem „Vorhabenträger“ die Rede. Und dafür kommen neben dem BfS eigentlich nur die EWN oder die Entsorgungsgesellschaft der Energiewirtschaft DBE infrage. Die DBE betreibt im Auftrag des BfS das sogenannte Erkundungsbergwerk in Gorleben und das einzige genehmigte Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle Schacht Konrad in Niedersachsen. Die DBE ist vollständig im Besitz der Atomkraftwerksbetreiber.

Würde der Gesetzentwurf so eingebracht, gäbe es neben den Aufsichts- und Genehmigungsaufgaben, die das BfS für Atomtransporte zu leisten hat, eigentlich keine Aufgaben mehr für die Behörde. König äußert sich nicht dazu. Doch in der Opposition und bei Atomkraftgegnern hat der Entwurf einigen Ärger ausgelöst. Für Sylvia Kotting-Uhl, Atomexpertin der grünen Bundestagsfraktion, ist die Organisationsfrage „der dritte Schritt vor dem ersten“. Der SPD-Umweltpolitiker Matthias Miersch sieht den Versuch, „das kritische BfS mundtot zu machen“. Die Bürgerinitiative in Gorleben wiederum stört sich daran, dass Gorleben als Endlagerstandort nicht endgültig ausgeschlossen wird.

In Expertenkreisen wird vermutet, dass der atomkritische Experte des Öko-Instituts, Michael Sailer, das von Röttgen geplante neue Bundesinstitut leiten soll. Sailer hat sich schon vor zwei Jahren gegen eine Rückholung des Atommülls aus der Asse positioniert und dem Öko-Institut einen millionenschweren Auftrag zur Überwachung der Arbeiten in der Asse gesichert. Außerdem leitet er die Entsorgungskommission (ESK) und ist damit einer der wichtigsten Regierungsberater zum Thema. Sailer hat auch das Gutachten des AkEnd miterarbeitet.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hat einen Neustart bei der Endlagersuche versprochen. Sein Gesetzentwurf dreht sich aber vor allem um die Gründung einer neuen Behörde.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hat einen Neustart bei der Endlagersuche versprochen. Sein Gesetzentwurf dreht sich aber vor allem um die Gründung einer neuen Behörde.
© Mike Wolff

Allerdings hat Sailer im vergangenen Herbst auch für den grünen Umweltminister in Baden-Württemberg, Franz Untersteller, das Endlagerpapier geschrieben, das Basis für den Neustart in der Endlagerfrage wurde. Darin moniert Sailer, dass das BfS sich in seiner derzeitigen Rolle als Betreiber von Endlagern auch selbst überwache. So begründet die Regierung nun auch das geplante neue Bundesinstitut.

Der Berliner Anwalt Hartmut Gassner hat allerdings, ebenfalls in Unterstellers Auftrag, schon vor sechs Wochen in einem Gutachten begründet, warum aus „europäischer oder völkerrechtlicher“ Sicht „keine Bedenken“ bestünden, „dass das BfS das Standortauswahlverfahren betreibt“. Für das Amt spreche, schreibt Gassner in seinem Gutachten, dass es als Behörde „in erster Linie der Sicherheit und nicht der Wirtschaftlichkeit“ verpflichtet sei. Im Übrigen habe es im Fall der Asse bewiesen, dass es „ein transparentes Verfahren gestalten kann“. Und das notwendige Endlager-Know-how stehe auch zur Verfügung. Die Genehmigung ist bisher Sache der Länder. Damit sei im förderalen System sogar die „weitestgehende Trennung“ der Funktionen gewährleistet.

Zur Startseite