Weltklimagipfel in Paris: Abkommen: Klimaziele sollen alle fünf Jahre überprüft werden
Konferenzleiter Laurent Fabius stellt den Text für ein Weltklima-Abkommen vor. Das muss aber von den 195 Teilnehmerstaaten noch gebilligt werden.
Frankreichs Außenminister Laurent Fabius hat am Samstag den Abschlusstext für das geplante weltweite Klimaschutzabkommen vorgelegt. Den nach mehrfachen Verzögerungen auf der UN-Klimakonferenz in Le Bourget bei Paris präsentierten Text müssen die Delegierten aus 195 Staaten allerdings noch billigen.
Ziele sind die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 bis zwei Grad und Hilfen für Entwicklungsländer bei Klimaschutz und Anpassung an Klimafolgen. Der Text enthalte wichtige Fortschritte, die viele vorher für unmöglich gehalten hätten. So solle die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzt werden, die Länder sollten sogar versuchen, 1,5 Grad zu unterschreiten.
Außerdem enthalte er den lange umstrittenen Mechanismus zur Überprüfung und Steigerung der selbstgesetzten nationalen Klimaziele alle fünf Jahre. Darüber hinaus werde besonders bedrohten Ländern Unterstützung im Fall klimabedingter Schäden zugesichert. Das Versprechen, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar für Klima-Hilfen in armen Ländern zur Verfügung zu stellen, werde bekräftigt, eine weitere Steigerung der Mittel in den Folgejahren sei vorgesehen, erklärte Fabius. Anders als das 2020 auslaufende Kyoto-Protokoll wird der Vertrag aber keine bindenden Ziele zur CO2-Reduktion für einzelne Staaten festschreiben. Stattdessen haben 186 Länder freiwillige Selbstverpflichtungen zum Klimaschutz vorgelegt.
Der Text sollte im Anschluss an die Vertreter der 195 Verhandlungspartner verteilt werden, im Laufe des Tages sollen sie darüber entscheiden. Spätestens dann wird sich zeigen, ob der Kompromissvorschlag die großen Streitfragen zwischen den Staatengruppen überwinden kann. „Die Welt hält den Atem an und zählt auf uns alle“, sagte Fabius. Jeder könne am Abend nach der geplanten Annahme erhobenen Hauptes nach Hause fahren.
"Wir sind fast am Ende des Weges"
An der Sitzung zur Übergabe des Texts nahm auch Frankreichs Präsident François Hollande teil. "Wir sind fast am Ende des Weges", sagte Fabius. Das Abkommen sei fair und zugleich anspruchsvoll. Die Delegierten quittierten den Auftritt von Fabius mit großem Beifall. Wie mehrere Agenturen unter Berufung auf französische Regierungskreise meldeten, hatten sich die Unterhändler der Staaten offenbar in der dritten Nachtsitzung in Folge auf einen Entwurf für einen Vertrag verständigt. Auch Staatschefs schalteten sich ein.
Am Freitag waren beträchtliche Spannungen deutlich geworden. Eine selbst ernannte Koalition der Ehrgeizigen aus EU, USA und zahlreichen Entwicklungsländern warnte davor, bei den Bestimmungen zum Klimaschutz hinter dem letzten Textentwurf zurückzubleiben.
"Wir werden uns nicht mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner begnügen", kündigte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks an. Fabius warnte die Teilnehmer davor, zu hoch zu pokern: "Wenn jeder auf seinen 100 Prozent besteht, dann gehen alle mit null Prozent nach Hause."
Am Ende der Nachtsitzung zu Freitag hatte Klimagipfel-Präsident Fabius morgens um fünf Uhr angekündigt, dass die COP21 um den Samstag verlängert wird. Den gesamten Freitag verhandelten daraufhin die Minister in bilateralen Gesprächen über Lösungen für die verbliebenen Streitfragen. Europäer und Amerikaner taten sich bis zuletzt mit dem Finanzkapitel schwer, weil sie fanden, dass sie zu viel zahlen sollten. China aber auch. Peking störte sich daran, dass bis dahin im Text vermerkt war, dass auch Schwellenländer oder reichere Staaten sich an der Klimafinanzierung beteiligen könnten.
Die verletzlichen Staaten
Zwei Überraschungen hat der Gipfel aber schon einmal gebracht: Es haben sich Bündnisse gegen den Strich der üblichen Verhandlungsgruppen gebildet. Das Climate Vulnerable Forum, das aus 42 kleinen Staaten in Afrika, kleinen Inselstaaten und anderen Ländern, die durch den Klimawandel stark gefährdet sind, besteht, hat sich mit seiner Kampagne für ein 1,5-Grad-Ziel durchgesetzt.
Neben dem bisher beschlossenen Ziel, die globale Erwärmung unter zwei Grad im Vergleich zur Industrialisierung zu halten, haben sie erreicht, dass das anspruchsvollere 1,5-Grad-Ziel mit hoher Wahrscheinlichkeit im Vertrag stehen wird.
Nicht nur viele Entwicklungsländer haben die Inselstaaten dabei unterstützt, auch die Europäische Union und die USA haben sich auf ihre Seite geschlagen. Monica Araya vom Nivela-Institut in Costa Rica sagte am Freitag: „Dieses Bündnis erzwingt einen neuen Süd-Süd- Dialog.“ Die härtesten Gegner im Kampf um das Überleben der Inselstaaten wie Saudi-Arabien, China oder Indien zählen sich selbst zu den Entwicklungsländern.
Mehr Ehrgeiz für den Klimaschutz
Die zweite Überraschung ist ein neues Staatenbündnis, dem sich mehr als 100 Staaten angeschlossen haben. Der Außenminister der Marschallinseln, Tony de Brum hat diese neue „High Ambition Coalition“ gezimmert, ein Bündnis zur Durchsetzung eines ehrgeizigen Klimavertrags. Einen Tag, nachdem die Europäische Union sich mit den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifik (AKP), zusammengetan hatten, stellte de Brum seine neue Koalition vor.
EU und AKP traten gleich geschlossen bei. Aber auch die USA gesellten sich dazu, Mexiko, Kolumbien, die Philippinen, Kanada, Australien und am Freitag Brasilien. So eine Koalition gab es noch nie. Was sie bewirkt, wird sich am Samstag zeigen. (mit dpa, epd)