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Kämpfer des "islamischen Dschihad" üben die Erschießung von Gefangenen.
© imago

Islamisten: 20.000 ausländische Kämpfer im Irak und in Syrien

Tausende ausländische Freiwillige haben sich laut einer neuen Erhebung dem IS und anderen radikalen islamistischen Milizen im Irak und in Syrien angeschlossen. 600 Kämpfer sind aus Deutschland in die Konfliktregion gereist

Mehr als 20.000 ausländische Freiwillige haben sich in der Konfliktregion Syrien-Irak militanten sunnitischen Gruppierungen angeschlossen. Das berichtet das International Centre for the Study of Radicalisation  (ICSR), das beim King’s College in London angesiedelt ist und mit wissenschaftlichen Einrichtungen in den USA, Israel und Jordanien kooperiert.

Die Zahl der Ausländer in Syrien und Irak liegt laut ICSR bei 20.730 und übersteigt damit sogar die der fremden Kämpfer, die sich in den 1980er Jahren in Afghanistan dem Widerstand der einheimischen Mudschahedin gegen die sowjetischen Besatzer angeschlossen hatten. Die Zahl der Freiwilligen damals beziffert das Institut mit etwa 20.000.

In Syrien und im Irak gebe es die größte Teilnahme fremder Kämpfer in einem Konflikt in muslimischen Ländern seit 1945. Mehr als die Hälfte der Freiwilligen, dem ICSR zufolge 11.000, kommen aus dem Nahen und Mittleren Osten. Weitere 3.000 seien aus den Staaten gekommen, die früher zur Sowjetunion zählten. Die aktuellen Angaben seien in Zusammenarbeit mit der Münchener Sicherheitskonferenz erarbeitet worden und sollen in den Münchener Sicherheitsreport einfließen, teilte das Institut mit.

Bis zu 600 Islamisten aus Deutschland

Die meisten Kämpfer, bis zu 3.000, seien aus Tunesien in das Konfliktgebiet gezogen. In Tabellen des Instituts folgen Saudi-Arabien mit maximal 2.500 Islamisten sowie Russland, Marokko und Jordanien mit je 1.500. In der Europäischen Union ist Frankreich am stärksten betroffen. Das ICSR spricht von 1.200 Kämpfern, die in Richtung Syrien und Irak aufgebrochen sind. Danach kommen Deutschland und Großbritannien mit jeweils bis zu 600 ausgereisten Islamisten. Die Zahl für die Bundesrepublik entspricht den Angaben der deutschen Sicherheitsbehörden. Sie unterscheiden allerdings zwischen Dschihadisten und sonstigen Unterstützern, die beispielsweise nur Material und Geld liefern.

Aus Belgien kamen ungefähr 440 Islamisten, aus den Niederlanden bis zu 250, aus Schweden etwa 180 und aus Österreich und Dänemark je 150. In Westeuropa kamen die wenigsten Freiwilligen laut ICSR aus Norwegen (60 Ausgereiste), aus der Schweiz (40) und aus Irland (30).

Hochgerechnet auf die Bevölkerungszahl seien Belgien, Dänemark und Schweden die am meisten belasteten Staaten. Die Zahl der Islamisten aus Westeuropa, die sich nach Syrien und Irak begeben haben, sei mit fast 4.000 bereits doppelt so hoch wie im Dezember 2013, schreibt das Institut, das seit 2012 einen Zustrom von Dschihadisten in die Konfliktregion registriert.

Fast ein Drittel hat Kampfgebiete verlassen

Zwischen fünf bis zehn Prozent der fremden Kämpfer in der Konfliktregion seien inzwischen tot, schätzt das ICSR. Weitere zehn bis 30 Prozent hätten das Kampfgebiet wieder verlassen.

Die meisten ausländischen Dschihadisten gehen nach Erkenntnissen der deutschen Behörden zur Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). Sie gilt wegen ihrer Eroberungen in Syrien und im Irak und der Ausrufung eines „Kalifats“ als besonders attraktiv, trotz des Bruchs mit Al Qaida. Bei deren Ableger im syrischen Bürgerkrieg, der Al-Nusra-Front, sind auch Kämpfer aus mehreren Ländern aktiv. Salafisten aus Deutschland reisten auch zur Gruppierung „Junud al Sham“ (Soldaten Syriens). Die von Tschetschenen gegründete Truppe kooperiert mit der Nusra-Front. Einer der bekanntesten deutschen Dschihadisten, der Berliner Denis Cuspert, hielt sich 2013 bei "Junud al Sham" auf und nahm möglicherweise  an Kämpfen teil. Cuspert, der einst als Rapper „Deso Dogg“ eine bescheidene Karriere machte, ist heute jedoch auch beim IS. Sicherheitsexperten bezeichnen ihn als prominenten Propagandisten der Terrormiliz für die deutschsprachigen Länder.

Prozess in Berlin

Einen noch höheren Rang hatte offenkundig der auch aus Berlin gekommene Salafist Reda Seyam beim IS. Seyam soll nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden eine Art Bildungsminister gewesen sein. Im Dezember sei Seyam bei Gefechten ums Leben gekommen, heißt es.

Eine paramilitärische Ausbildung bei "Junud al Sham" sollen auch die beiden Angeklagten aus dem kürzlich begonnenen Berliner Terrorprozess durchlaufen haben. In dem ersten Verfahren am Kammergericht mit Bezug zum syrischen Bürgerkrieg müssen sich der aus Berlin stammende Fatih K. und der Frankfurter Fatih I. verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen die Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorvereinigung und die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vor.

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