Umzug aller Bundesministerien aus Bonn: 20 Jahre danach: Berlin will alles
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und die Parteien im Abgeordnetenhaus verlangen den Umzug sämtlicher Bundesministerien aus Bonn in die Hauptstadt. Die Aufsplitterung vieler Ministerien zwischen Bonn und Berlin sei ineffizient und teuer.
Zwanzig Jahre nach dem Hauptstadtbeschluss des Deutschen Bundestages fordern der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und alle fünf Fraktionen im Abgeordnetenhaus, dass die in Bonn verbliebenen Bundesministerien endlich nach Berlin umziehen. „Es ist an der Zeit, der tatsächlichen Entwicklung Rechnung zu tragen“, sagte Wowereit. Die Aufsplitterung vieler Bundesministerien zwischen Bonn und Berlin könne keine Dauerlösung sein.
Am 20. Juni 1991 hatte der Bundestag beschlossen, dass Parlament und Regierung vom Rhein an die Spree umziehen. In einer „fairen Arbeitsteilung“ zwischen der Bundesstadt Bonn und der Hauptstadt Berlin. Dieser Kompromiss wurde 1994 gesetzlich verankert. Sechs Ministerien blieben in Bonn. Solche Doppelstrukturen seien „uneffizient und teuer“, sagte Wowereit. Auch die Fraktionschefs von SPD, Grünen, CDU, Linken und FDP sprachen sich im Tagesspiegel für einen raschen Umzug aller Bundesministerien aus. „Berlin braucht die ganze Hauptstadt“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Henkel. Das Berlin-Bonn-Gesetz von 1994, das die Rollenverteilung zwischen Bonn und Berlin regelt, habe keine Rechtfertigung mehr. Leider gebe es immer noch starke Beharrungskräfte, vor allem in Nordrhein-Westfalen.
Jetzt müsse der Hauptstadtprozess vollständig beendet werden, forderte auch der Grünen-Fraktionsvorsitzende Volker Ratzmann. „Allerdings muss Berlins Politik die damit verbundene Verantwortung besser ausfüllen.“ Kritik am Senat kam auch vom FDP-Fraktionschef Christoph Meyer. Über Jahre sei Wowereit als „pöbelnder Bittsteller“ aufgetreten, das habe bei Bundespolitikern zu hinhaltendem Widerstand beigetragen. Aber auch Meyer ist „uneingeschränkt für den Umzug aller Ministerien aus Bonn nach Berlin“. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, schloss sich der Forderung an, wies aber die Kritik der Opposition zurück. „Gerade in den letzten zehn Jahren wurde Berlin so gut aufgestellt, dass die Hauptstadt für alle, die hier leben, arbeiten oder als Gäste kommen, ein Bild der Vielfalt und Toleranz bietet.“ Berlin sei heute eine „Modellstadt ohne Allüren“.
Es sei Zeit, den Hauptstadtumzug zu vollenden, forderte auch der SPD-Fraktionschef Michael Müller. Für die Bonner Ministerien gebe es in Berlin genügend freie Flächen, zum Beispiel auf dem Flughafen Tempelhof. Rückendeckung erhält Berlin vom ehemaligen Umzugsbeauftragten der Bundesregierung, Klaus Töpfer (CDU). Es gehe hier nicht um einen „Rutschbahneffekt, sondern um eine praktisch-politische Notwendigkeit“. Was wirklich politische Entscheidungsrelevanz habe, „muss und wird in Gänze in Berlin sein“.