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Flüchtete als Kind mit seinen Eltern aus der Türkei nach Deutschland: Ali Can.
© Manfred Esser/Bastei Lübbe/dpa

Ali Can im Porträt: „Zwischen Gutmensch und Rassist gibt es viele Graustufen“

Er bereiste den Osten und bot als „Migrant des Vertrauens“ eine Sprechstunde für besorgte Bürger an. Nun initiierte Ali Can eine Demo gegen Rassismus im Bundestag. Ein Porträt.

Es war eine simple Idee, und doch machte Ali Can im vergangenen Jahr damit Schlagzeilen: Er hatte seine Handynummer ins Internet gestellt und bot als „Migrant des Vertrauens“ eine Sprechstunde für besorgte Bürger an. Solche also, bei denen der Flüchtlingszuzug der vergangenen Jahre Unbehagen ausgelöst hatte. Can kam selbst mit zwei Jahren als Asylsuchender aus der Türkei nach Deutschland. Bis heute telefoniert er zweimal die Woche mit Menschen, die mitunter AfD wählen oder bei Pegida mitlaufen.

An diesem Freitag sitzt der Lehramtsstudent – schwarzes Jackett, weißes Hemd, gut gestutzter Bart – am Berliner Hauptbahnhof in einem Café. Er ist in der Stadt für seine neueste Aktion: Am Sonntag sollen mehrere tausend Menschen am Brandenburger Tor gegen „Hass und Rassismus im Bundestag“ demonstrieren. Gemeinsam mit mehreren Partnern hat der 23-Jährige das gestemmt – zwei Tage vor der konstituierenden Sitzung des Bundestags will er ein Zeichen setzen.

"Bitte überdenkt eure Haltung"

Gegen die AfD? Can schüttelt den Kopf. Ihm geht es um Versöhnung – mit der Demo will er an die AfD appellieren. Seine Nachricht: „Im Wahlkampf habt ihr zugespitzt, aber jetzt überdenkt bitte eure Haltung und macht eine Politik ohne Diskriminierung.“ Tief im Inneren wisse doch jeder Mensch, dass es falsch sei, Hass zu verbreiten.

Das mag naiv klingen, doch Can kommt zu dieser Ansicht nicht einfach so. In den vergangenen Jahren hat er den Osten bereist, war in Bautzen, Claußnitz und Hoyerswerda – Orte, die viele mit Fremdenhass in Verbindung bringen. Can ging auf AfD-Veranstaltungen und Pegida-Demos, nahm einen Schokoosterhasen mit – als Eisbrecher, um den Leuten zu zeigen, dass er in guter Absicht komme. Und er redete mit den Menschen, „auf Augenhöhe“, wie er sagt, nahm ihre Meinung ernst, suchte nach Gemeinsamkeiten. „Es ist falsch, besorgte Menschen von vornherein als Rassisten abzustempeln“, sagt er. Zwischen „Gutmensch und Rassist“ gebe es viele Graustufen. Und man müsse unterscheiden zwischen der Partei AfD und ihren Wählern, die oft berechtigte Sorgen hätten.

In Essen will Can jetzt ein „Viel Respekt Zentrum“ gründen. Dort sollen alle möglichen Gruppen „wertschätzend“ ins Gespräch kommen – Can kann sich etwa ein Treffen zwischen Burschenschaftern und Linksautonomen vorstellen. Er selbst würde gern einmal den AfD-Fraktionschef Alexander Gauland treffen, um herauszufinden, „was ihn bewegt und ob er etwas gegen mich hat“. 

Die „Demo gegen Hass und Rassismus im Bundestag“ findet am Sonntag um 12 Uhr am Brandenburger Tor statt.

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